IFA

Kulturstaatsminister nimmt Apps der Öffentlich-Rechtlichen ins Visier

Bernd Neumann (CDU) hat zur Eröffnung der Medienwoche in Berlin angekündigt, die Smartphone-Anwendungen von ARD und ZDF kritisch überprüfen zu wollen. Das stieß bei Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner auf Wohlwollen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 341 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann will die Apps der öffentlich-rechtlichen Sender gegebenenfalls begrenzen. Zur Eröffnung der Medienwoche Berlin-Brandenburg auf der Internationalen Funkaustellung (IFA) kündigte der CDU-Politiker eine "kritische Überprüfung" der Smartphone-Anwendungen von ARD und ZDF an. "Die Angebote müssen sich im Kern des öffentlich-rechtlichen Auftrags bewegen", betonte Neumann. Dieser müsse gegebenenfalls reformiert werden. Die Meinungsvielfalt zu sichern sei wichtig, die deutschen Medienanbieter dürften aber nicht benachteiligt werden.

Neumann hatte bereit im März vergangenen Jahres durchblicken lassen, dass er die Online-Auftritte der Öffentlich-Rechtlichen begrenzen wolle. ARD und ZDF müssen bereits den sogenannten Dreistufentest beachten. Damit sollen die publizistische Bedeutung, die Folgen für privatwirtschaftliche Wettbewerber und die Kosten jedes einzelnen öffentlich-rechtlichen digitalen Angebots im Auge behalten werden. Vor allem die App der Tagesschau sorgt seit einiger Zeit für Aufregung. Im Juni verklagten unter anderem der Axel-Springer-Konzern, die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die WAZ Mediengruppe deshalb die ARD.

Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner warb für ein "neues Verständnis über eine langfristig beständige Architektur" für Verlage und die Öffentlich-Rechtlichen in der digitalen Welt sowie eine neue Medienordnung. Die Klage solle man nicht zu hoch hängen, da sie kein Problem löse. Sie sei nur wegen eines drohenden Fristablaufs nötig gewesen, "um nicht stillschweigend etwas anzuerkennen". Er habe nichts dagegen, wenn ARD und ZDF ihre Bewegtbildinhalte auch im Netz kostenlos vertreiben. Döpfner plädierte für ein verlässliches und langfristiges Modell der Rundfunkgebühren, auch wenn ARD und ZDF dafür im Gegenzug eventuell auf Werbung verzichten sollten. Die mit rund 7,8 Milliarden Euro pro Jahr mit öffentlichen Geldern eröffneten Spielräume dürften aber nicht missbraucht werden.

Die "tagesschau"-App hat in Döpfners Augen mit dem klassischem öffentlichen Auftrag nichts zu tun; da sie kostenlos sei, werde der Wettbewerb verzerrt. Die App sei eine zusätzliche Leistung für kleine Nutzergruppe, die nicht auf alle Gebührenzahler zwangsumverteilt werden müsse. Mittelfristig sei der mobile Markt für die Verleger überlebensnotwendig. Derzeit verkaufe Axel Springer pro Tag rund 140.000 Zeitungsexemplare für Smartphone-Apps. Dieses "zarte Pflänzchen" sei aber die Wurzel eines wachsenden und hochrelevanten Geschäfts. Dieses werde kaputtgemacht, wenn die Mobilanwendung der Tagesschau etwa in ihrem Griechenland-Special an einem Tag 40.000 Worte publiziere.

Die Intendantin des rbb, Dagmar Reim, erinnerte an ihre Zusage aus dem vergangenen Jahr, dass es bei der ARD online "weniger" werde und bei einzelnen Sendeanstalten auch bereits weniger geworden sei. Die Verleger und die Privatsender könnten aber nicht darüber bestimmen, wem der Verteilungsweg Internet gehöre. Eine Bezahlpflicht für die "tagesschau"-App schloss Rein kategorisch aus, da ein Angebot gar nicht näher am Kernauftrag sein könne. Es bedürfe eben manchmal mehrerer Sätze als "Griechen pleite, verkauft Eure Inseln." Sie erinnerte zugleich daran, dass große Verlage wie Holtzbrinck nicht an der Verlegerklage beteiligt seien.

Thomas Bellut, designierter Intendant des ZDF, bezeichnete es "nicht als unsere Aufgabe, Qualitätsjournalismus in anderen Feldern kaputt zu machen". Die Mainzer hätten zunächst nur eine Mediathek-Anwendung fürs iPhone und iPad gestartet und warteten bei der "heute"-App erst einmal ab. Auf Nachfrage stellte Bellut klar, dass die Applikation von Apple noch nicht abgesegnet sei. Das immer wieder bemühte "Schlachtgetöse" der Verleger sei einem Kompromiss nicht zuträglich. Die Mediathek-Anwendung des ZDF stieß hingegen bei den Verlegern auf Wohlwollen. (anw)