US-Politiker sehen Innovationshemmnisse durch EU-Datenschutz

Die US-Regierung erarbeitet zurzeit neue Datenschutzprinzipien. Während die eine Seite meint, die EU eignen sich dafür nicht als Vorbild, meint die andere Seite, es brächte Vorteile, sich daran auszurichten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 100 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Wie soll die US-Regierung die Datenschutprinzipien des Landes neu fassen? Einen Vorgeschmack über den bevorstehenden Streit darüber bekamen Zuhörer gestern während einer Anhörung im US-Abgeordnetenhaus in Washington. Die republikanischen Ausschussmitglieder warnten davor, sich an den strengeren und aus ihrer Sicht innovationsfeindlichen EU-Vorschriften auszurichten, die die EU möglicherweise als Handelshemmnisse gegen die US-Wirtschaft einsetze.

Nicole Lamb-Hale vom US-Wirtschaftsministerium warb für die Vorarbeiten in ihrem Haus für allgemeine Datenschutzprinzipien. Das Ergebnis soll noch im Herbst vorgestellt werden. Bestehende sektorspezifische Regelungen (etwa der Health Insurance Portability and Accountability Act, Gramm-Leach-Bliley Act oder der Electronic Communications Privacy Act) sollen davon unberührt bleiben. Es gehe vor allem darum, "Löcher zu stopfen". Das Ministerium erwäge, Branchen zu konsultieren, um darauf aufbauend "Codes of Conduct" zu entwickeln.

Eine allgemeine Regelung zum Datenschutz sei laut Lamb-Hale vorteilhaft, weil die US-Regierung in internationalen Verhandlungen dem EU-Modell ein eigenes entgegenstellen könne. Aktuell orientierten sich viele Regierungen in ihrer Gesetzgebung am EU-Datenschutz. Für US-Unternehmen könnte das mehr Wettbewerbsfähigkeit bringen, sagte der demokratische Abgeordnete George Butterfield.

US-Unternehmen hätten hauptsächlich mit der EU-Richtlinie deshalb Probleme, weil sie in Europa unterschiedlich nationale umgesetzt werde, so Lamb-Hale. Das sei für US-Unternehmen mit erheblichen Kosten verbunden. Die Safe Harbour-Mechanismen, durch die sich US-Unternehmen sparen könnten, durch die lokalen Datenschutzbehörden in den USA zugelassen zu werden, sollen mit der geplanten neuen Datenschutzrichtlinie nahtlos fortbestehen. Unternehmen, die nicht der FTC-Aufsicht unterliegen, kommen jedoch bislang nicht in den Genuss des Abkommens.

Die Republikaner Cliff Stearns und Pete Olsen zeigten sich skeptisch gegenüber jeglichem Einfluss europäischer Datenschutzregeln. Stearns führte an, dass es die in den USA entstandenen innovativen Dienste wie Google, Twitter oder Facebook möglicherweise gar nicht gegeben hätte, wenn der Datenschutz dort rigider gehandhabt würde. Olsen warnte, man solle die EU-Datenschutzgesetze im Licht der negativen Konsequenzen für die Wirtschaft in Europa betrachten.

Ausgiebig tat dies in der Anhörung Stuart Pratt vom Verband Consumer Data Industry Association (CDIA, dessen Mitgliedsunternehmen Scoring- und Profildaten und Anlaysetools an Behörden, Strafverfolger und private Unternehmen verkaufen. Staatliches und unternehmerisches "Risikomanagement" sei auf Grundlage der Milliarden von Daten in Europa nicht möglich; die EU-Datenschutzgesetze seien alles andere als "perfekt" und kaum nachahmenswert.

MIT-Professorin Catherine Tucker hat ermittelt, Online-Werbung sei in Europa wegen strengerer Datenschutzgesetze um 65 Prozent weniger wirksam geworden. All die "wundervollen Dienste", die auf eine Finanzierung durch gezielte Werbung angewiesen seien, müssten sich in den USA nach anderen Einkommensquellen umschauen, wenn sie strenger reguliert würden.

"Natürlich könnten Unternehmen ihre Produkte noch gezielter bewerben, wenn sie jede unserer E-Mails auch noch lesen würden", sagte Peter Swire von der Ohio State University und maßgeblicher Datenschutzexperte der Clinton-Regierung. Er riet dazu, eher die Gemeinsamkeiten im EU- und US-Datenschutzrecht zu betonen. Die EU-Datenschutz-Richtlinie wurzele in älteren US-Regelungen, viele neue Selbstregulierungskonzepte in den USA seien andererseits aus Europa importiert, wo Datenschutzbeauftragte neue Herausforderungen beständig diskutierten.

Die Verbraucherschutzorganisation Trans Atlantic Consumer Dialogue meldete sich brieflich zur Anhörung. Verbraucherorganisationen auf beiden Seiten des Atlantiks seien sich einig, dass die USA keine angemessenen Datenschutz-Regeln hätten und "in beklagenswerter Art und Weise technisch und bei Geschäftspraktiken" hinterher hinke. Daher sei zu erwarten gewesen, dass sich die Anhörung auf die Erfahrungen aus Europa konzentriere und nicht von "Belastungen" spreche. (anw)