Internet-Enquete: Für Netzneutralität – aber welche?

In ihrer 13. Sitzung hat die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestages den Bericht zur Netzneutralität verabschiedet – doch sorgt das Thema weiter für Zündstoff zwischen Koalition und Opposition.

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Von
  • Falk Lüke

In ihrer 13. Öffentlichen Sitzung sollte die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestages nun den fast ein halbes Jahr verspäteten Zwischenbericht zum Thema Netzneutralität abstimmen. Der Vorsitzende der Projektgruppe Netzneutralität Peter Tauber (CDU) betonte die Einigkeit in der Frage, dass Netzneutralität ein hohes Gut sei. Es gebe "nur Meinungsunterschiede, wie diese zu gewährleisten sei." Zudem sei man sich einig in der Ablehnung von Netzsperren und von Inhaltekontrollen durch die Internetprovider.

Streit gab es hingegen um wichtige Details. Die Frage der Regulierung etwa ist besonders deshalb heikel, weil derzeit im Bundestag die Umsetzung des sogenannten EU-Telecompakets ansteht, wobei der auch die Netzneutralität eine Rolle spielt – in der kommenden Woche wird das Telekommunikationsgesetz novelliert und muss nun auch erste, rudimentäre Regularien zum Umgang mit dem Netz enthalten.

Der von der FDP entsandte Sachverständige Hubertus Gersdorf kann einer Unterscheidung in verschiedene Diensteklassen im Netz durchaus etwas abgewinnen: Seine Mutter solle doch nur die Dienste bezahlen, die sie auch in Anspruch nehme, während Gamer nur die für sie relevanten Dienste bezahlen sollten. "Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat bislang nicht einmal das Wort Netzneutralität enhalten", erklärte der SPD-Abgeordnete Martin Dörmann. "Wir brauchen ein ausdrückliches Regulierungsgebot und müssen der Bundesnetzagentur entsprechendes Instrumentarium an die Hand geben."

Strittig blieb die Frage, was mit Netzneutralität genau gemeint ist. So herrschte keine Einigkeit, ob und wenn ja welche Diensteklassen möglich oder unmöglich sind. Die Unionsparteien und die Liberalen schlugen vor, zum heutigen Zeitpunkt in erster Linie die Transparenz zu erhöhen. "Bisher hat der Markt da immer gut funktioniert, falls es da zu einer länger anhaltenden Verletzung kam hat die Bundesnetzagentur da eingegriffen und vermittelnd gewirkt", erklärte Jimmy Schulz (FDP). Sein CDU-Kollege Peter Tauber betonte, dass es nicht Aufgabe der Enquete-Kommission sei zu definieren, wie die Bundesnetzagentur zur Sicherung der Netzneutralität mit Kompetenzen ausgestattet werden solle.

"Wenn es so sein sollte, dass der Markt das nicht regelt und die Bundesnetzagentur hier nicht greift, dann würde ich im Extremfall auch nicht davor zurückschrecken dann auch noch einmal den Gesetzgeber anzurufen", sagte Schulz. Aber derzeit sei es schädlicher, entsprechende Regularien einzuführen. Ob und wie die Netzneutralität tatsächlich gefährdet ist, konnte aber auch die Enquete-Kommission nicht herausfinden, obwohl sie die großen Internetprovider um Stellungnahme bat. "Die Antworten, die wir von den Providern bekommen haben, enthielten keine substanziellen Zahlen", sagte Constanze Kurz, Sprecherin des CCC und von der Linkspartei als Sachverständige benannt.

Zum Streit kam es um einen Änderungsantrag der Sachverständigen Kurz, Alvar Freude (von der SPD nominiert), Markus Beckedahl (von den Grünen nominiert) und der Fraktionen SPD, Linkspartei und Bündnis 90/Die Grünen. Der Antrag betraf einen Passus, in dem sich auch die Netzpolitiker der Union gegen Netzsperren aussprechen und der in der Projektgruppe der Gesamtenquete erarbeitet wurde. "Ich verrate kein Geheimnis, dass die Durchsetzung dieser Passage in meiner Fraktion am schwersten war", betonte Tauber und kritisierte, dass die Opposition und ihre Sachverständigen nun wieder ihre "reine Lehre" vorbrächten. Der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz pflichtete ihm bei und betonte, dass der gemeinsame Text "eine der größten Leistungen der Enquete sei."

Doch einige Sachverständige und die Oppositionsparteien fanden diesen Text nicht weitgehend genug. Ihr Änderungsantrag sah eine weitergehende Regulierung vor, bei der der Bundesnetzagentur weit mehr Kompetenzen zugeschrieben worden wären. Bei den Netzsperren wäre zudem ein eindeutiges Verbot ebensolcher Teil der offiziellen Empfehlungen geworden. Bei 17 Stimmen dafür und 17 Stimmen dagegen wurde der Antrag nicht angenommen. Dieses Patt wiederholte sich auch für den Rest des überfälligen Berichtes: weder Oppositions- noch Regierungsbank konnten ihre Textvorschläge mit Mehrheit durchsetzen. Mit dem Bericht zur Netzneutralität ist damit erst der dritte Teil des Zwischenberichtes fertiggestellt und beschlossen. (vbr)