Midem: US-Verbände im Dauerstreit um das Urheberrecht

Auf der Musikmesse Midem prallen zwei Welten aufeinander: Sie ringen um das Urheberrecht und DRM.

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Von
  • Monika Ermert

Gegen ein maßlos überzogenes Urheberrecht wetterte der Präsident und Geschäftsführerder US-amerikanischen Consumer Electronics Association CEA Gary Shapiro zum Auftakt der Musikmesse Midem, die morgen in Cannes startet. Wenn der illegale Download eines Liedes 250.000 US-Dollar Schadenersatz nach sich ziehe und der Verband RIAA (Recording Industry of America) 20.000 oder 30.000 Leute verklage, zeige das die völlige Verzerrung des Urheberrechts zugunsten der Rechteinhaber.

Shapiro warnte vor allem davor, den Transfer von Inhalten innerhalb der eigenen vier Wände als illegal hinzustellen. Denn selbst dies tue die RIAA und äußere sich in Anhörungen in US-Gesetzgebungsverfahren auch entsprechend. In ihrer Kampagne an Schulen mache die RIAA den Schülern weis, dass sie niemals überhaupt etwas kopieren dürften. "In der Welt der RIAA gibt es so etwas wie 'fair use' nicht," so Shapiro. Zusätzlich würden Nutzer mehr und mehr durch Digital Rights Management (DRM) verwirrt. Die wachsende Komplexität schade dem Geschäft.

Als unverzichtbar bezeichnete der Vizepräsident der Motion Picture Association (MPAA) Fritz Attaway die DRM-Technologie. "Wir können damit den Leuten die Wahl ermöglichen zu leihen, anzuschauen oder zu besitzen." Im übrigen sei nicht einzusehen, warum die Gerätehersteller einerseits forderten, Technologie nicht zu regulieren, andererseits aber die Beschränkung von DRM-Technologie wollten. Shapiro hatte davor gewarnt, Technologieentwickler auf existierende Geschäftsmodelle festzulegen. Dadurch würde Innovation behindert.

"Die Berufung auf Technologie heiligt den Diebstahl nicht," sagte Shapiros Dauer-Sparringpartner Mitch Bainwol, CEO der RIAA. "Wenn man sein Geschäftsmodell auf dem Klau aufbaut, kann man nicht nur alles auf die Kunden schieben. Man kann eben nicht bloß sagen, technisch geht einfach alles." Auf die Verantwortlichkeit von Technik- bis hin zu Hostingprovidern pocht auch die deutsche Verwertungsgesellschaft GEMA und ebenso wie diese verwies auch die RIAA auf einen juristischen Erfolg der Rechteinhaber.

Eine Richterin in New York hat gestern die Klage verschiedener Unternehmen der Musikindustrie gegen das US-Satellitenradio XM zugelassen. Die Musikindustrie wendet sich dagegen, dass XM seinen Nutzern die Aufnahme gesendeter Musikstücke gestattet. Auch der Weltverband der Phonoindustrie (IFPI) beklagte in seinem Bericht zum digitalen Musikmarkt die Aufnahme von Titeln aus Online-Radiosendungen, das Digital Stream Ripping, als zunehmende Form von Piraterie. XM hatte beantragt, die Klage nicht zuzulassen, da man sich durch den Audio Home Recording Act geschützt sah. Shapiro sagte, die Zulassung der Klage sei "ohne jede Bedeutung."

Real-Networks-CEO Robert Glaser warnte die Inhalteanbieter und Rechteinhaber davor, die neuen Anbieter in allzu enge Zwangsjacken zu stecken. Seiner Meinung nach haben sich digitale Subskriptionsmodelle gerade in Europa deshalb bislang kaum durchgesetzt, weil die von der Musikindustrie angebotenen Konditionen zu schlecht seien.

Zudem bezeichnete Glaser die mangelnde Interoperabilität als Hemmschuh fürs Geschäft. Würden sich die Anbieter dazu durchringen, ihre Inhalte statt durch DRM-Maßnahmen lediglich durch Wasserzeichen einem bestimmten Nutzer zuzuordnen und ihm ansonsten den Transfer auf alle möglichen Geräte erlauben, könnte das Wachstum des digitalen Musikvertriebs den Einbruch der CD-Verkäufe wettmachen. Vorerst ist es noch anders.

Glaser sagte, er rechne damit, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre ein solcher Weg beschritten wird und Nutzer dann ihre Musik zentral ablegen, um sie von jedem Gerät aus jederzeit abrufen zu können. "Das ist eine Idee, deren Zeit kommen wird." Der Versuch von Microsoft, dem "monolithischen iTunes-Angebot mit Zune das Gleiche in Grün entgegenzusetzen", sei nicht überzeugend. Am Ende des Tages würde sich Offenheit durchsetzen. (Monika Ermert) / (atr)