Mannheim stellt "lautlos" auf Linux um

Die Umstellung der IT-Basisdienste der Mannheimer Stadtverwaltung läuft in die Zielgerade.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 519 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die Stadt Mannheim will durch eine "sanfte" Linux-Migration "fit für die Zukunft" werden. Der Startschuss fiel bereits im vorigen Jahr, als Anforderungen erfasst und Szenarien diskutiert wurden, doch nun geht die Umstellung der Basisdienste in die letzte Phase. Im laufenden Quartal soll die Oracle Collaboration Suite eingesetzt werden und bis Ende 2005 sollen alle Anmelde-, Datei-, und Druckdienste auf Linux migriert sein. Damit könnten Ende des Jahres 1100 Netzwerkdrucker über einen zentralen Druckerserver verwaltet werden, teilt die Stadt Mannheim mit.

Dort werde eine "sanfte Migration" betrieben, bei der zuerst die Basisinfrastrukturdienste wie die 110 Server und erst ganz am Schluss die 3700 PCs der Mitarbeiter mitsamt den 150 Fachanwendungen auf das neue System umgestellt werden. Dadurch werde der Schulungsaufwand in Grenzen gehalten und die Mitarbeiter fühlten sich nicht von einem neuen System überfordert. Bisher arbeiten die Mitarbeiter in ihrer gewohnten Windows-Umgebung. Die Stadt hat aber bereits eine Studie über den Einsatz von OpenOffice in Auftrag gegeben. Bis Linux auf die Desktops kommt, werden voraussichtlich noch vier bis fünf Jahre vergehen, erklärte Gerd Armbruster vom Mannheimer Fachbereich IT gegenüber heise online.

Mannheim sei die erste Großstadt in Deutschland, die diesen Weg gehe. Als Grundlage dienen die Empfehlungen des Bundesinnenministeriums und der EU, im öffentlichen Bereich verstärkt auf Open Source zu setzen. Als wesentliche Orientierung dient den Mannheimern der Migrationsleitfaden des Bundesinnenministeriums.

Neben dem Einsparpotenzial sehen die Mannheimer IT-Fachleute eine "neu gewonnene Flexibilität" und mehr Sicherheit als starke Argumente für den Umstieg. "Natürlich erwarten wir von dieser Migration auch langfristig eine deutliche Kostenreduktion, schon alleine bei den Software-Lizenzen. Wir wollen aber vor allem unsere Wahlfreiheit bei den technischen Angeboten sicherstellen und unsere IT sicherer machen", erläutert Armbruster. "Ein Waldschädling hat in einer Fichtenmonokultur ein leichteres Leben als in einem Mischwald. So ist das auch in der Informationstechnologie. Gerade durch die Offenheit steigt die Sicherheit im Bereich von Open Source."

Die Arbeitsabläufe in der Verwaltung hätten sich in den vergangenen Jahren sehr verändert. An die Stelle von starren hierarchischen Abläufen treten Prozesse, Mitarbeiter würden immer häufiger in Team- und Projektstrukturen arbeiten. "Diese neuen Strukturen müssen in der IT-Umgebung abbildbar sein", meint Armbruster.

Wie auch beim Beispiel München, wo die Stadtverwaltung ebenfalls zu Linux migriert, sei der Entschluss von Microsoft mitentscheidend gewesen, den Support für das Betriebssystem Windows NT Ende 2004 einzustellen. Es wären in jedem Fall Neuinvestitionen in die IT-Infrastruktur notwendig geworden. Technischer Partner bei der gesamten "sanften Migration" ist IBM. (anw)