Soziale Grundsicherung soll Mängel im Datenschutz ausgleichen

Eine gesellschaftlich Grundsicherung könnte das Problem der wachsenden Datenhalden entschärfen, meint die Politologin und Bloggerin Julia Schramm. Im Streitgespräch für Technology Review kritisiert CCC-Sprecherin Constanze Kurz diesen Ansatz als naiv.

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Eine gesellschaftlich Grundsicherung könnte das Problem der wachsenden Datenhalden entschärfen, meint die Politologin und Bloggerin Julia Schramm von der „Datenschutzkritischen Spackeria“. Im Streitgespräch für die aktuelle Ausgabe von Technology Review (seit dem 27.10 am Kiosk oder direkt portokostenfrei im Online-Shop zu bestellen ) kritisiert CCC-Sprecherin Constanze Kurz diesen Ansatz als naiv.

„Wir sehen, dass die Datenschutzgesetze nicht mehr greifen“, sagt Julia Schramm im Streitgespräch über Post Privacy für Technology Review. „Der Datenhandel kann dazu führen, dass die Krankenversicherung irgendwann sagt: „Hören Sie mal, die Pizza kostet für Sie jetzt 75 Euro, weil Ihr Cholesterinspiegel zu hoch ist“, oder – anderes Beispiel: „Wir erhöhen jetzt Ihre Beiträge, weil wir gesehen haben, dass Sie jede Woche komasaufen“. Das ist doch die Angst, die hinter diesen Daten steht. Wenn es aber heißen würde, hör mal, du brauchst dir um deine Krankenversicherung keine Sorgen zu machen, weil wir als Gesellschaft diese Aufgabe übernehmen, dann würde diese Angst wegfallen.“

„Post Privacy“ sei für sie aber auch „eine persönliche Haltung: Ich lebe im Internet mehr oder minder ohne Privatsphäre, weil ich sehr viel von mir preisgebe. Das ist auch ein Experiment. Mal gucken, wie sich das in 20 Jahren anfühlt, ob ich das dann auch noch so toll finde.“

„Natürlich sehe ich unglaubliche gesetzgeberische Mängel, die wir ja auch schon lange beklagen“, hält Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs dagegen. „Aber die Frage ist: Was sind die Folgen des Mangels? Muss ich mir deshalb eine andere Welt bauen? Oder versuche ich, mich dafür einzusetzen, dass es im Datenschutz eine bessere Gesetzgebung gibt, und dass diese Gesetze auch umgesetzt werden.“ Sie glaube einfach nicht daran, meint Kurz, „dass wir, schon gar nicht auf die Schnelle, aus dieser Gesellschaft eine hierarchiefreie, von Machtinteressen befreite Gesellschaft machen können.“

„Natürlich würde bei mir auch soziale Gerechtigkeit dazugehören", bilanziert Kurz. „Aber wichtiger wäre für mich eher die Aufklärung im Sinne von Kant, dass man immer informiert entscheidet und alle Entscheidungen danach abwägt, dass sie anderen nicht schaden, sondern positiv wirken. Weil ich nämlich glaube, dass wir die Technik zum Positiven nutzen können.“ (wst)