SCO vs. Linux: Ladendiebstahl mit Folgen

Im Streit um angeblich illegal in Linux genutzten Unix-Code oder übernommene Methoden und Konzepte musste SCO eine schwere Schlappe einstecken. Die Untersuchungsrichterin ließ keinen Zweifel daran, dass die Argumente von SCO außerordentlich dünn sind.

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Von
  • Detlef Borchers

In der Auseinandersetzung zwischen der SCO Group und IBM um angeblich illegal nach Linux kopierten Source-Code oder möglicherweise unrechtmäßig übernommene Methoden und Konzepte hat die SCO Group vor Gericht eine schwere Niederlage erlitten. Untersuchungsrichterin Brooke C. Wells ließ in ihrer Antwort auf verschiedene Eingaben von SCO und IBM keinen Zweifel daran, dass die Argumente von SCO außerordentlich dünn sind: "Wenn jemand bei Neiman Marcus [US-amerikanische Kaufhauskette, d. Red.] rausgeht und an der Tür angehalten und des Diebstahls beschuldigt wird, so erwartet man, dass der Beschuldigte erfährt, was er gestohlen haben soll. Es wäre absurd, wenn ein Ladendetektiv erklären würde, 'Sie wissen schon, was Sie gestohlen haben'. Oder wenn dem Beschuldigten einfach ein Versandkatalog mit allen Waren von Nieman Marcus gegeben würde mit dem Hinweis 'es ist hier irgendwo drin, finden Sie es selber heraus'." Genau eine solche Taktik aber habe SCO angewendet, um IBM vor Gericht zu bringen, erklärte die Untersuchungsrichterin in ihrer 39 Seiten langen Begründung. Dieses Schriftstück wurde von den unermüdlichen Groklaw-Beobachtern als Text veröffentlicht.

In der Begründung von Richterin Wells spielen die öffentlichen Aussagen der SCO-Manager Chris Sontag und Darl McBride eine wichtige Rolle. Mehrfach hätten sie zu Beginn der Auseinandersetzung erklärt, dass Millionen von direkt nach Linux kopierten Codezeilen bewiesen, dass IBM einen Diebstahl begangen habe. Doch selbst das einzige öffentlich gezeigte Beispiel sei kein echter Beweis gewesen, wie überhaupt bis heute die spezifischen, detaillierten Beweise ausstünden, betonte die Richterin. In ihrem Urteil folgt Brooke Wells weitgehend den verschiedenen   Eingaben von IBM und reduzierte die Zahl der von SCO vorgebrachten Klagepunkte drastisch. Von 294 ursprünglich von SCO genannten Klagepunkten sind nach Auffassung von Wells nur noch wenige Punkte übrig geblieben, die zur Verhandlung stehen. Von den von SCO vorgebrachten Beschuldigungen betrifft nur noch ein einziger Klagepunkt (Nummer 43) direkt Linux und ist nicht einmal im Sinne eines Codeklaus relevant. Vielmehr geht es um eine Art negatives Know-how, weil die Linux-Programmierer aus TCP-Fehlern gelernt hätten, die Netzwerkfähigkeit von Linux besser zu programmieren.

Die schwere Niederlage für SCO ist nicht allein auf die Eingrenzung der einzelnen Beschuldigungen beschränkt. Auch die von SCO hilfsweise vorgebrachte Argumentation mit "Methoden und Konzepten", die via IBM von Linux-Entwicklern aufgenommen worden seien, hat die Richterin nicht überzeugt. Selbst der letzte von SCO hinzugezogene Experte Marc Rochkind zeige in seinem Buch "Advanced Unix Programming", dass man fundamentale Konzepte eines Betriebssystems aufzeigen könne, ohne irgendwelche Rechte zu verletzen, befand die Untersuchungsrichterin.

Mit der durchaus vernichtenden Beurteilung der bisherigen Prozesstaktik von SCO geht die Voruntersuchung in ihre Endphase. Die nun folgende Hauptverhandlung steht für SCO unter einem ungünstigen Stern, weil die Beweislage ohne die Millionen von Codezeilen insgesamt sehr dünn geworden ist.

Zu den Entwicklungen in dem Streit, den SCO mit IBM, Novell und der Open-Source-Gemeinde um SCO-Rechte an Unix und angeblich unrechtmäßig in Linux übernommenen Code angezettelt hat, siehe den Online-Artikel in c't Hintergrund (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)