Linux-Verband hält Microsoft-Logos in Wahlprognosen weiter für rechtswidrig

Die Open-Source-Vertretung sieht sich durch die jüngsten Entwicklungen im Rechtsstreit mit dem NDR in ihrer Auffassung bestätigt und prüft nun das weitere Vorgehen gegen die "Schleichwerbung".

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Der Linux-Verband sieht in seinem juristischen Scharmützel mit dem NDR weiter gute Chancen, ein Verbot der Einblendung von Microsoft-Logos in den Wahlhochrechnungen der ARD-Sender zu erwirken. Das Landgericht Hamburg hatte vergangene Woche die von der Open-Source-Vertretung gegen den NDR erwirkte einstweilige Verfügung zwar zunächst mit der Begründung aufgehoben, dass keine Dringlichkeit vorliege. Die Streitparteien wurden auf ein Verfahren in der Hauptsache verwiesen. Entscheidend ist laut dem Linux-Verband aber, was das Gericht während der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2005 zur Sache erklärt habe. Hierbei sei die Einblendung des Microsoft-Logos in Grafiken von infratest dimap bei Wahlsendungen klar als verbotene Werbung eingestuft worden. "Der Argumentation des NDR, es handele sich um eine Quellenangabe, wollte das Gericht in der Sache selbst also nicht folgen", meint der Linux-Verband.

Die Interessensvertretung von Firmen, die im Umfeld des Betriebssystems Linux tätig sind, sieht sich daher in ihrer ursprünglichen Einschätzung bestätigt. Der Verband will nun zunächst die Übermittlung des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom vergangenen Freitag abwarten und dann über das weitere Vorgehen im Kampf gegen die "Schleichwerbung" entscheiden. Vorstandsmitglied Werner Riek zeigte sich gegenüber heise online optimistisch, die ungeliebten Signets des Software-Giganten doch noch aus den viel gesehenen Wahl-Nachrichten zu verbannen. Er verwies dabei auch auf einen Artikel im Fachmagazin Staat & IT vom September, der die Behauptung des NDR, Microsoft fungiere als "technischer Dienstleister" bei der Erstellung der Wahlprognosen für das Erste, in Frage stelle. Dem Bericht zufolge sorgt bei infratest dimap eine für die plattformübergreifende 3D-Schnittstelle OpenGL geschriebene 3D-Grafikanwendung für die teilweise im Minutentakt erfolgende Bildschirmdarstellung der Hochrechnungen und die parallele Auslieferung einer XML-Version fürs Web.

Für die eigentliche Datenbasis ist bei den ARD-Marktforschern laut dem Artikel zudem eine unter Smalltalk programmierte Versant-Datenbank im Einsatz. Allein das Rechnernetz selbst läuft unter dem bereits etwas angestaubten Microsoft-Betriebssystem Windows NT. Ab 2006 will infratest dimap auf Webservices unter der .NET-Umgebung der Redmonder setzen, wobei die Umstellung im Rahmen eines Parallelbetriebs bewältigt werden soll. Dabei hoffen die Administratoren auf eine problemlosere Migration als beim 1997 erfolgten Übergang von Novell/Macintosh auf Windows NT, da dieser damals nach Angaben von Mitarbeitern "viel Kraft" gekostet haben soll. Der NDR hat in der ARD die Federführung für den Wahlberichterstattungsvertrag mit infratest dimap. Die redaktionelle Betreuung der Sendungen liegt beim WDR. (Stefan Krempl) / (jk)