FOSDEM: Open Source und die Rückkehr zum Einfachen

Das Free and Open Source Developers' European Meeting konnte seinen fünften Geburtstag feiern. Weniger ist mehr, so lässt sich das Ergebnis der diesjährigen Veranstaltung lesen.

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Von
  • Detlef Borchers

Das Free and Open Source Developers' European Meeting (FOSDEM), das an diesem Wochenende an der Freien Universität Brüssel stattfand, konnte seinen fünften Geburtstag feiern. Was als zwangloses Treffen der Gentoo-, KDE- und Gnome-Entwickler aus den Benelux-Staaten und Frankreich begann, hat sich als umfangreiche Veranstaltung etabliert, die fast alle Aspekte des quelloffenen Programmierens abdeckt. 21 Hauptvorträge, dazu 10 Hörsäle, in denen die Entwicklerclans unter anderem von Mozilla, Drupal, Tcl/Tk, KDE, Gnome, Dokeos, Jabber oder Gentoo ihre Konferenzen in der Konferenz veranstalteten, boten für geschätzte 3500 Besucher aus ganz Europa genügend Lehrstoff. Die Teilnehmerzahl ist eine Schätzung der Veranstalter, weil die FOSDEM kostenlos ist und keine Registrierung kennt. Zum Jubiläum gab es neue Rekorde beim Bier-Angebot der FOSDEM-Bar (10 Sorten) und bei der traditionellen Bier-Party am Freitag vor der Konferenz.

Mit dem Projekt Calibre (Coordination Action for Libre Software) war zum ersten Mal die Wissenschaft mit dabei: Soziologen, Politologen und Volkswirtschaftler stellten in ihrem Hörsaal Untersuchungen über die Debian-Community vor. Die Leitlinie von Calibre: Wenn die Produktion von Open Source über Landes- und Sprachgrenzen hinaus funktioniert, könnte dies vielleicht ein Vorbild der Produktion in spätkapitalistischen Wissensgesellschaften sein? In diese Kerbe schlug auch der diesjährige Eröffnungsvortrag von Jimmy Wales, der das Projekt Wikipedia vorstellte. Mehrfach betonte Wales, dass gute Software für die Weiterentwicklung der freien Enzyklopädie notwendig ist und appellierte an die versammelten Programmierer, doch mitzuarbeiten: "Unsere Herausforderungen sind technischer Art, nicht sozialer Natur." Nur wenn die Software skalieren kann, können die Inhalte wachsen, meinte Wales. Über die Inhalte machte sich FSF-Guru Richard Stallman, traditionell der zweite Hauptredner der FOSDEM, mit einem Vortrag über Nutzen und Frommen des Copyrights Gedanken. Stallman erläuterte dabei sein Modell des Kompromiss-Copyrights, das über 10 Jahre gültig ist und es besonders Künstlern erlaubt, Copyright-geschützte Inhalte weiter zu verwenden.

Wie üblich war die FOSDEM ein Ort, an dem die Projekte öffentlich über den Stand ihrer Aktivitäten berichteten. So feierten die europäischen Mozilla-Entwickler ihr einjähriges Firefox-Jubiläum und stellten die neue Websuite vor.

Neuigkeiten gab es auch beim KDE-Desktop. KDE-Entwickler Matthias Ettrich hielt einen Vortrag, der symptomatisch für die Stimmung der diesjährigen FOSDEM war, die mit "zurück zum Einfachen" oder "weg von der Featureitis" beschrieben werden kann. Für Ettrich hat die Entwicklung des KDE-Desktops erst begonnen. Nun müssten auf die verspielten Kinderjahre eines Desktops voller "Eye-Candies und Icons" die Entwicklungen folgen, in denen ein einfacher Desktop als "Web of Context" Industriestandard wird, bei dem wichtige Funktionen wie die Datenreplikation, Datei- und Kontextsuche im Hintergrund ablaufen.

In dieselbe Kerbe schlug Red-Hat-Kernelhacker Alan Cox, als er in seinem Vortrag zur Kernelentwicklung dafür plädierte, bei der Veröffentlichung eines neuen Kernels nicht alle Bugs mit einem Wirbel von Bugfixes zu bekämpfen, sondern sich auf einige wenige, dafür aber sicherheitsrelevante Bugs zu beschränken. "Linus ist ein großartiger Entwickler, aber ein schauderhafter Ingenieur", so artikulierte Cox sein leichtes Unbehagen an der zentralistischen Struktur der Kernel-Entwicklung, die in Gefahr laufe, sich zu verzetteln.

Weniger ist mehr, so lässt sich das Ergebnis der fünften FOSDEM lesen. Wobei natürlich nicht die FOSDEM selbst gemeint ist, die sicher ihre 6. Auflage erfahren wird. (Detlef Borchers) / (jk)