ALM Days 2011: erfolgreicher Nachfolger der TeamConf

Dass Teams schneller werden müssen, war ein Grundtenor der Visual Studio ALM Days 2011 Ende November. Agile Teams und die Verwaltung komplexer Softwareprodukte mit dem Team Foundation Server standen im Zentrum der Vorträge.

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Von
  • Sven Hubert

Dass Teams schneller werden müssen, war ein Grundtenor der Visual Studio ALM Days 2011, die vom 23. bis 25. November in München stattfanden. Agile Teams und die Verwaltung komplexer Softwareprodukte mit dem Team Foundation Server standen im Zentrum der Vorträge.

Sam Guckenheimer, Product Owner von Microsofts Entwicklungsumgebung Visual Studio, sprach auf der Nachfolgekonferenz der TeamConf die Situation zur Jahrtausendwende an. Die Entwicklung nach streng definierten Regeln und Prozessen, die zu Beginn des Projekts festgelegt und während des Projektverlaufs nicht hinterfragt würden, führe zum Scheitern und zu einer "technischen Schuld" für künftige Projekte. Diese Schuld zeige sich, wenn anstelle wertschöpfender Funktionen viel Zeit in die Wartung und Pflege eines Softwareprodukts zu investieren sei. Das könne man als "Schuldenkrise der Softwareentwicklung" bezeichnen, da die Euro-Krise ein ähnliches Muster aufweise: Das Hinterfragen von Regeln am Finanzmarkt sei ausgeblieben, dagegen seien neue Finanzprodukte "erfunden" worden, die sich nun als Probleme erweisen.

Dem Microsoft-Manager zufolge hat das "Agile Manifest" dieses Problem aufgegriffen. Es empfiehlt bekanntermaßen die ständige Anpassung an Gegebenheiten und neue Erkenntnisse im Projektverlauf. Scrum als verbreitetste Sammlung agiler Praktiken böte mit den Sprints die Möglichkeit, sich ständig selbst zu überprüfen und den Kurs zu korrigieren. Guckenheimer versprach nicht, 250 Prozent besser zu sein, wie das die Veranstalter bei den Zahlen von knapp 400 Teilnehmern binnen vier Jahren geschafft hätten, bewies aber anhand von Beispielen aus der Microsoft-Entwicklung den Erfolg der Methode.

Als Beispiel für den positiven Einfluss der Projekttransparenz nannte Guckenheimer den verschwindenden "Tribal"-Effekt. Dabei kommt es in den Teams über die Jahre zur Einstellung, sie müssten gegen andere Teams zusammenhalten. Das führt etwa dazu, dass sich ein Team so lange hinter einem nicht zu schaffenden Abgabetermin versteckt, bis ein anderes Team als Erstes "die Hosen runterlässt" und den Termin nach hinten verschieben muss. Mittlerweile wird bei Microsoft der Fortschritt regelmäßig spätestens am Ende eines dreiwöchigen Sprints geprüft.

Sam Guckenheimer, verantwortlicher Project Lead für Visual Studio

Guckenheimer empfahl als weiterführende Literatur Daniel H. Pinks "Drive: Was Sie wirklich motiviert" und Eric Ries' "The Lean Startup". Sam Guckenheimers Ideen und die Beispiele des Vortrags sind in seinem Buch "Agile Software Engineering with Visual Studio" zusammengefasst, das er gemeinsam mit Neno Loje geschrieben hat.

Brian Harry, Technical Fellow und General Manager für Team Foundation Server, präsentierte die technischen Neuerungen bei Visual Studio 11 und Team Foundation Server. Schwerpunkte der zukünftigen Version sind die stärkere Einbindung der Produktverantwortlichen eines Softwareprojekts und die Reduzierung der "Cycle Time". Der Begriff steht für die Zeit zwischen dem Schreiben einer Code-Zeile und dem Einspielen der Software in der Produktionsumgebung. Teile der Neuerungen kann der Leser im Whitepaper zu "Application Lifecycle Management mit Visual Studio vNext" nachlesen.

Konkret wurden im Vortrag Neuerungen wie agile Planungstools für Team Foundation Web Access (Backlog Planung, Kapazitätsplanung, Task Board), ein Feedback-Tool für die Einbindung von Produktverantwortlichen, explorative Testfunktionen im Test Manager gezeigt. Darüber hinaus präsentierte Harry Möglichkeiten für Code-Reviews in Visual Studio inklusive Kommentare, die sich auf Sourcecode-Teile beziehen können, ein erweiterbares Unit-Testing Framework zur Einbindung von etwa CPPUnit direkt in Visual Studio und ein Diff/Merge-Tool direkt im Code-Editor von Visual Studio.

Jeder Konferenzteilnehmer erhielt einen Zugang zur Vorschauversion eines auf Windows Azure angebotenen TFS, den Microsoft künftig für kleine und mittelgroße Teams anbieten will. Damit entfällt für diese Teams die Installation des zentralen TFS. Build- und Testmaschinen sind aber nach wie vor selbst bereitzustellen.

Tiefer in die Technik ging Christian Binder von Microsoft Deutschland. Er thematisierte mit "Code Sharing" das Verwalten und Verteilen von Softwarekomponenten mit den Bordmitteln des TFS. Auf der Konferenz zeigten Binder und der Autor dieses Konferenzberichts mit dem "AIT Dependency Manager" zudem eine kostenlose Visual-Studio-Erweiterung, die dabei hilft, Abhängigkeiten zwischen Komponenten außerhalb der Visual Studio Solution in TFS und Visual Studio zu verwalten.

Doch auch andere deutschsprachigen Most Valuable Professionals stellten Kundenprojekte und Erweiterungen für TFS vor. Thomas Schissler von Artiso zeigte beispielsweise ein Tool, das im Daily-Stand-up-Meeting unterstützen soll, indem es zum Beispiel nach 180 Sekunden ein Team-Mitglied im Statusbericht unterbricht und die Rednerrolle an den Nächsten übergibt. Daniel Meixner von Conplement "rief" mit seinem Windows Phone den Team Foundation Server an und erfragte über die eigens entwickelte Windows-Phone-Applikation den Projektstatus.

Mehr Teilnehmer als in den Vorjahren führten zu gut gefüllter Ausstellungsfläche.

Auf den ALM Days 2011 konnten die Teilnehmer viele neuen Erkenntnisse und Eindrücke und natürlich das ein oder andere Mitbringsel aus den zahlreichen Verlosungen gewinnen. Der Termin für die nächstjährige Auflage steht auch schon fest: Sie soll wieder in München stattfinden, und zwar vom 28. bis 30. November.

Sven Hubert
ist seit mehreren Jahren für die AIT GmbH & Co. KG in Stuttgart als Berater tätig und seit April 2010 Most Valuable Professional (MVP) für Visual Studio ALM. Zu seinen Schwerpunkten gehört neben der Projektleitung das Application Lifecylce Management.
(ane)