SCO vs. Linux: SCO verlangt Einsicht in IBMs Konstruktionspläne

SCO nimmt eine zwischenzeitlich verworfene Argumentation wieder auf, nach der IBM hunderttausende von Codezeilen aus SCO Unix nach Linux kopiert habe.

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Von
  • Detlef Borchers

In der Auseinandersetzung zwischen der SCO Group und IBM um SCO-Sourcecode, den IBM nach Linux transferiert haben soll, zeichnet sich eine neue Variante ab. So verlangt SCO nunmehr Einsicht in die Konstruktionsunterlagen von IBM-Hardware. Außerdem nimmt die Firma eine zwischenzeitlich verworfene Argumentation wieder auf, nach der IBM hunderttausende von Codezeilen aus SCO Unix nach Linux kopiert. Zusätzlich wird IBM beschuldigt, in die passwortgeschützten Bereiche der SCO-Webserver eingebrochen zu sein.

In ihrer Antwort auf IBMs letzte Stellungnahme, den Quellcode auszuliefern, hat die SCO Group einen Schriftsatz vor dem Untersuchungsgericht eingereicht, in dem sie weiter reichende Unterlagen anfordert. Insbesondere will SCO die Suche nach dem inkrimierten Quellcode auf die Hardware ausdehnen. So heißt es zur Begründung, dass in der Computertechnik Hard- und Software eng verzahnt seien und gerade Betriebssystem-Software auf Hardware-Komponenten wie Arbeitsspeicher, Cachespeicher und Register optimiert sein müsse. Aus diesem Grunde lasse eine Änderung im Hardwaredesign Rückschlüsse darauf zu, welche Änderungen in der Software nötig seien. Dementsprechend soll das Gericht IBM verpflichten, Hardware-Details zu allen Systemen offenlegen, auf denen AIX zum Einsatz kam:

"Thus, hardware design changes provide evidence that is directly relevant to explain operating system software design changes and, to the extent that information concerning hardware design changes relate to AIX, that information should be produced pursuant to the Court's Order."

Neben dieser neuen Stoßrichtung, die die Suche nach dem Quellcode weiter verzögern könnte, hat ein leitender SCO-Programmierer in seiner eidesstattlichen Aussage die These wieder aufgelegt, dass "IBM had misappropriated SCO's proprietary code and contributed hundreds of thousands of lines of that code to Linux". Diese Argumentation ist eine Abkehr von der Behauptung, dass IBM unerlaubterweise Konzepte und Methoden von SCO Unix kopiert habe. Die Annahme, dass hunderttausende von Codezeilen nach Linux kopiert worden seien, war zuletzt auf der CeBIT vor einem Jahr vertreten worden, als der SCO-Repräsentant Gregory Blepp mit einem Koffer voller markierter Codezeilen für Aufsehen sorgte. Auf der CeBIT selbst wurde Blepp als Vorsitzender der Fachgruppe Softwareindustrie im Deutschen Multimedia Verband (heute Bundesverband der digitalen Wirtschaft) vorgestellt. Inzwischen scheint die deutsche SCO-GmbH nicht mehr dem Verband anzugehören. Außerdem wird Gregory Blepp ohne jede Firmenzugehörigkeit aufgelistet.

Ein weiterer vor Gericht aufgetauchter Schriftsatz enthält eine Aussage von SCO-Vizepräsident Chris Sontag. Hier wird IBM beschuldigt, den Authentifizierungsmechanismus der SCO-Website umgangen zu haben und sich dann unberechtigterweise mit Linux-Quellcode versorgt zu haben, den SCO nur für Kunden bereit gestellt habe. Diese Aussage erwähnt freilich auch, dass bereits Ende Oktober 2003 über Slashdot verbreitet wurde, dass der Passwortschutz von SCO nicht funktioniert. SCO selbst habe den Fehler erst im März 2004 bemerkt und sofort repariert.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (anw)