EU-Rat plant grenzüberschreitende TK-Überwachung

Der EU-Rat hat einen Richtlinien-Entwurf für eine neue europäische Ermittlungsanordnung fertig gestellt. Damit sollen unter anderem das Abhören von Telefonaten und E-Mails in anderen Mitgliedsstaaten erleichtert werden.

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Der EU-Rat hat einen ersten Entwurf für eine Richtlinie zur Regelung einer neuen europäischen Ermittlungsanordnung fertig gestellt. Mit der Anordnung sollen unter anderem das Abhören von Telefonaten und E-Mails in Echtzeit sowie der Zugriff auf Verbindungs- und Standortdaten in anderen Mitgliedsstaaten erleichtert. Geht es nach dem Papier (PDF-Datei), das die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht hat, könnten Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung bald grenzüberschreitend erfolgen.

Eine entsprechende Anordnung soll erstmals direkt in einem Mitgliedsstaat ausgestellt werden, von dem "technische Hilfe" für eine Abhöraktion nötig ist. Bisher mussten Ermittler in der Regel zunächst Rechtshilfe beantragen, um Einblicke in Akten von Sicherheitsbehörden anderer EU-Länder nehmen zu dürfen. Künftig kann sich beispielsweise das Bundeskriminalamt (BKA) direkt an Ermittler etwa in Frankreich oder Italien wenden, damit diese konkrete Überwachungsaufgaben für die deutschen Fahnder abwickeln.

Mit dem auf Ende Dezember datierten Papier, das frühere Vorüberlegungen auf Ratsebene konkretisiert, wird festgelegt, welche standardisierten Angaben Polizeien oder Geheimdienste in einer EU-Anordnung zur Identifizierung der Zielperson machen müssen, wie lange die Überwachung dauern soll und wie mit abgehörten Daten umgegangen wird. Da viele Länder das Abhören von Telefonaten und Online-Kommunikation als heißes Eisen betrachten, sollen erweiterte Gründe für die Ablehnung einer entsprechenden Anordnung gelten. Zurückgewiesen werden kann eine entsprechende Maßnahme demnach, wenn sie "in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall nicht genehmigt" würde.

Die Initiative, die zunächst noch vom Rat verabschiedet und dann im EU-Parlament weiter behandelt werden müsste, geht auf Bestrebungen von Ländern wie Belgien, Bulgarien, Estland, Spanien, Österreich oder Schweden zurück. Hierzulande wird das Vorhaben bereits von Oppositionspolitikern kritisiert. "Die neue Richtlinie soll die ausufernde Überwachungspraxis der EU-Mitgliedstaaten über den Umweg der Europäischen Union standardisieren", fürchtet der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko von den Linken. Das gleiche Prozedere habe bereits bei der Vorratsdatenspeicherung tiefe Eingriffe in die Privatsphäre zur Folge gehabt. (jh)