Streit um Open-Source-Programme in DR-DOS 8.1 [Update]

DR-DOS, einst von Digital Research als Konkurrenz zu Microsofts DOS entwickelt, hat eine lange und bewegte Geschichte hinter sich; nun verärgert der aktuelle Besitzer die Open-Source-Szene.

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Von
  • Jürgen Kuri

Es gibt tatsächlich auch in der IT-Branche Firmen und Systeme mit bewegter Vergangenheit, die fast schon eine eigene Geschichte wert sind. DR-DOS ist so ein Fall — die Firma, die DR-DOS mittlerweile vor allem als System für Embedded-Anwendungen vermarktet, sieht sich nun aber Vorwürfen aus dem Open-Source-Lager ausgesetzt, die GNU General Public License zu verletzen.

DR-DOS wurde einst von Digital Research als Alternative zu Microsofts PC-Betriebssystem entwickelt. Nach Novell, Caldera und Lineo wurde Devicelogics Ende 2002 dann die fünfte Heimat für DR-DOS. Caldera erlangte mittlerweile unter dem Namen The SCO Group in der Öffentlichkeit einige Berühmtheit, vor allem wegen der Rechtsstreitigkeiten mit IBM wegen angeblich geklautem Unix-Code in Linux und mit Novell wegen des Copyrights am Unix-Code. Caldera hatte in einem Rechtsstreit um Windows-Funktionen, die DR-DOS blockierten, seinerzeit seine Kasse nach einer außergerichtlichen Einigung durch eine "Spende" von Microsoft füllen können.

Mittlerweile unter DRDOS Inc. firmierend, setzt Devicelogics auf Embedded Systems und hat neben DR-DOS mit DRLX auch ein Embedded Linux im Angebot. Vor kurzem stellte DRDOS die Version 8.1 seines DOS vor — und handelt sich mit dieser Version Vorwürfe des FreeDOS-Projekts ein, die GPL zu verletzen. Auch sei DR-DOS 8.1 eigentlich gar kein Update zu DR-DOS 8.0, sondern baue auf eine gepatchte Version eines älteren Kernels aus dem DR-DOS/OpenDOS Enhancement Project auf; die von dem Projekt entwickelte FAT32-Unterstützung, mit der DRDOS Inc. wirbt, funktioniere in der neuen Version aber gar nicht. Auch bei mitgelieferten Utilities sei einfach die Versionsnummer und der Firmenname geändert, aber kein wirkliches Update vorgenommen worden. Für einige mitgelieferte Programme gebe es keine Hinweise auf die GPL, unter der sie veröffentlicht worden seien; bei anderen Programmen, die als Share- oder Freeware herausgegeben worden seien, gebe es keine Informationen zum Urheber und zur Lizenz.

Das FreeDOS-Projekt hat alle bemängelten falschen Angaben und Verletzungen von Lizenzrechten eigens aufgeführt und die Protest-Mails an DRDOS Inc. dokumentiert. Eine offizielle Reaktion der Firma steht zwar noch aus, inzwischen heißt es aber in der Beschreibung zu DR-DOS 8.1 auf der Firmen-Website: "Portions are licensed under GPL (SYS v2.6 and FDXXMS v.92) or other licenses."

[Update]:
Mittlerweile hat DRDOS Inc. fast alle Verweise auf DR-DOS 8.1 von der Webseite entfernt. Die Links, die noch auf die angeblich neue Version verweisen, führen entweder ins Leere oder zur vorherigen Version DR-DOS 7.03. "DR-DOS 8.1 no longer exists", meint das FreeDOS-Projekt auf seiner Seite bereits: Es sehe so aus, als habe DRDOS Inc. die Version 8.1 vollständig zurückgezogen und sei wieder auf die alte Version umgeschwenkt. (jk)