Dem US-Geheimdienst NSA geht der Strom aus
Nach John Rockefeller, dem Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses des Senats, steuert die NSA auf eine "nationale Katastrophe" zu.
- Florian Rötzer
Der US-Geheimdienst NSA, der wegen der ihn umgebenden Geheimniskrämerei auch schon als "No Such Agency" tituliert wurde, hat schon seit Jahren Probleme, seine weltweiten und seit 2001 auch nationalen Überwachungsaufgaben zu erfüllen. Internet und Handys haben die Datenströme vervielfacht, Verschlüsselung das Abhören erschwert. Bislang hieß es, dass Hard- und Software mit dem Durchforschen und Auswerten der Datenberge nicht mehr zurechtkommen, seit einiger Zeit wird ein neues Problem diskutiert: Die jetzt schon vorhandenen Computer der NSA fressen so viel Energie, dass ein Ausfall demnächst drohen könnte, weil die Stromversorgung nicht mehr gewährleistet ist.
Mit der demokratischen Mehrheit im Kongress hat nun auch ein Demokrat den Vorsitz im Geheimdienstausschuss des Senats übernommen. John D. Rockefeller ist es, der mitunter auch bereits versehentlich (oder auch nicht) auf die No-Fly-Liste geraten war. Jetzt ist er aber nicht mehr vor allem kritisch gegenüber den Geheimdiensten eingestellt, sondern sorgt sich um deren Funktionsfähigkeit: Stromausfälle und Überspannungen könnten die Arbeit behindern und Geräte beschädigen. Ein Ausfall der NSA wäre "eine Art nationaler Katastrophe", erklärte er. Das sei ein Ausdruck dafür, dass die NSA die langfristigen Probleme nicht in den Griff bekommt.
Schon im Jahr 2000 kam es zu einem Stromausfall, durch den für einige Tage Computersysteme lahm gelegt waren. Angeblich hatte die NSA vergangenes Jahr zwei neue Supercomputer nicht betrieben und die Klimaanlagen gedrosselt, um keine Überlastung des maroden Netzes zu riskieren. Es wurde damals gewarnt, dass in zwei Jahren die Stromversorgung nicht mehr ausreiche. Die NSA ist der größte Kunde der Baltimore Gas and Electric Co., die aber nicht genügend Strom liefern könne. Zudem sei die Gebäudeinfrastruktur nicht für wachsende Stromnachfrage geeignet. Die NSA habe ein Team gegründet, um die Probleme mit der Stromversorgung, der Klimatisierung und der Raumkapazitäten zu lösen; auch habe der Geheimdienst seit Monaten mit den Abgeordneten in Kontakt gestanden, erklärt jetzt Ken White, ein Sprecher der NSA. Der Geheimdienst benötigt zwischen 65 und 75 Megawatt. Ausgegangen wird davon, dass bis Ende des Jahres zwischen 10 und 15 Megawatt mehr erforderlich sind. Vermutet wird, dass die NSA seit 2001 ihr jährliches Budget auf nunmehr 8 Milliarden verdoppelt hat. Wegen der Probleme fordert der Geheimdienst jedoch für 2007 und 2008 jeweils eine weitere Milliarde.
Rockefeller rügt, dass die Geheimdienste seit der Bush-Regierung zu wenig kontrolliert worden seien. Er will in einer Anhörung im März die Stromversorgung, aber auch das Scheitern der NSA an den neuen Kommunikationsmitteln thematisieren. Rockefeller verweist dabei auf das Programm Trailblazer, in das mehrere Hundert Millionen Dollar gesteckt wurden, um die digitale Datenflut bewältigen und analysieren zu können. Das Projekt für "SigInt im digitalen Zeitalter" musste allerdings 2005 eingestellt werden. Für Milliarden von Dollar betreibt die NSA seit 2001 ein weiteres Programm namens Groundbreaker, um die Infrastruktur (Computer, Netzwerke, Software) zu modernisieren. Auch dieses Programm scheint in Schwierigkeiten zu stecken.
Der Geheimdienstausschuss wird sich auch mit der Rechtmäßigkeit und Effizienz des Terrorist Surveillance Program der NSA beschäftigen, also mit der von US-Präsident Bush angeordneten Lauschaktion, für die bis vor Kurzem keine richterliche Genehmigung eingeholt werden musste. Rockefeller moniert, dass die Mitglieder des Ausschusses kaum Information über die Lauschaktion erhalten haben. Die Demokraten wollen, so Rockefeller, noch in diesem Jahr einen Gesetzesvorschlag machen, um das Abhören von US-Bürger durch die Geheimdienste neu zu regeln. (fr)