MWC

"Krieg der Ökosysteme"

Auf dem Mobile World Congress in Barcelona erörterten die CEOs Peter Chou (HTC) und Stephen Elop (Nokia) die Chancen von Windows Phone, sich als dritte Plattform neben iOS und Android zu etablieren.

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Stephen Elop traute sich dann doch, den rosa Elefanten beim Namen zu nennen: Apple. Die Mobilfunkindustrie hat ein gespaltenes Verhältnis zum iPhone-Hersteller. Kaum ein Unternehmen hat eine Branche so stark beeinflusst wie der US-Computerkonzern. Und doch gewinnt man in Barcelona jedes Jahr aufs Neue den Eindruck, dass die Kalifornier nicht so richtig dazugehören. Vielleicht ignorieren sie das wichtigste Branchen-Event des Jahres auch deshalb und machen ihr eigenes Ding.

Wenn es um das Thema Betriebssysteme und Apps geht, kommt man um Apple eigentlich nicht herum. HTC-Chef Peter Chou hat es am Mittwochmorgen auf dem Mobile World Congress geschafft, den disruptiven Einfluss des iPhone auf die gesamte Branche elegant herunterzuspielen. "Vor vier, fünf Jahren haben wir uns auf Hardware konzentriert", sagte Chou. "Niemand hat von Software gesprochen." Seither habe sich die Branche "entwickelt".

Man kann auch sagen: Die Branche ist entwickelt worden – von außen. iOS ist das neben Android dominante "Ökosystem". Niemand weiß das besser als der Nokia-Chef, der von einer "großen Umwälzung" spricht. Stephen Elop führt den angeschlagenen Ex-Spitzenreiter des Smartphone-Marktes in den "Krieg der Ökosysteme" und setzt darauf, dass sich Microsofts Betriebssystem Windows Phone als drittes Pferd im Rennen etablieren kann. Den Nachweis, dass Windows Phone ein ebenbürtiger Gegner ist, müssen Nokia und Microsoft in diesem Jahr erbringen.

Elop ist zuversichtlich, spricht von "stetigem Wachstum" beim Absatz der neuen Smartphones. "Ich kriege die Zahlen jeden Tag", sagt der Nokia-Chef – uns bleiben nur die Schätzungen der Analysten. Der Nokia-CEO betont, dass die neuen Lumias in vielen Ländern gerade erst auf den Markt kommen. Ausgehend von diesen "Brückenköpfen" will Nokia dann mit einem größeren Geräteportfolio seine Marktanteile kontinuierlich steigern – auch in der Mittelklasse. Immerhin scheinen die Netzbetreiber so langsam mit Windows Phone warm zu werden, ein drittes Ökosystem würde die Abhängigkeit von Google und Apple verringern.

Doch ist Windows Phone nicht die einzige Option für die Mobilfunker. Das Interesse an Mozillas Betriebssystem-Plänen ist groß, die Unterstützung eines Schwergewichts wie Telefónica zeigt, dass sich die Netzbetreiber gerne ein paar Optionen offen halten. Auch mit Facebook, das sich in Barcelona für einen globalen Standard stark macht, muss man rechnen.

Einig sind sich Elop und Chou, dass Design ein immer wichtigerer Faktor für die Branche wird. Das gehe über die Gestaltung der Hardware hinaus – hier zeigt sich in Barcelona ein Trend zu schlankem und klarem Gehäusedesign, der zu einer gewissen Gleichförmigkeit bei den großen Herstellern führt. Beim Softwaredesign hebt sich Windows Phone von der Konkurrenz ab. Die Gestaltung des Betriebssystems bricht mit dem "Anwendungsraster, das mit dem iPhone erfunden wurde und das Android weiter erfunden hat, oder wie Sie das nennen wollen", witzelte Elop.

Auch Peter Chou sieht Chancen für Windows Phone: "Der Marktanteil wird aber nicht wie auf dem PC sein." Zudem zeigten Kundenbefragungen, dass Besitzer eines Windows-Phone-HTC sehr zufrieden mit ihrem Smartphone seien. Der taiwanische Hersteller hatte am Sonntag auf dem MWC versichert, Windows Phone nicht links liegen lassen zu wollen – konzentriert sich in Barcelona aber ganz auf Android und die neuen "One"-Smartphones. (vbr)