Gericht verbietet Lockwerbung von Amazon

Ein Händler darf nur mit Schnäppchenangeboten locken, wenn er einen ausreichenden Vorrat dieser Waren hat. Darüber musste sich jetzt auch Amazon vor Gericht belehren lassen.

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Von
  • Marzena Sicking

Für Verbraucherzentralen sind so genannte "Lockvogelangebote" ein rotes Tuch: regelmäßig strengen sie Verfahren gegen Händler an, die in ihren Läden oder Online-Shops ausgesuchte Schnäppchen anbieten und diese dann aber nicht ausreichend vorrätig haben. Die Verbraucherschützer werfen diesen Händlern vor, das sei nur ein Trick, um die Verbraucher in den Laden oder auf die Seite zu locken: wenn der Kunde schon mal da ist, dann kauft er sicher auch etwas anderes.

Auch die Gerichte verurteilen diese Fälle oft als irreführende Werbung. Wer Verbraucher in seinen Shop mit Schnäppchenangeboten lockt, muss dafür sorgen, dass der Kunde eine realistische Chance hat, die reduzierte Ware zu erhalten. Diesbezüglich musste sich schon Lidl vor Gericht belehren lassen, jetzt hat es mit Amazon den nächsten großen Anbieter erwischt.

Wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) auf seiner Homepage mitteilt, darf Amazon in Zukunft nur noch mit Tiefstpreisen werben, wenn die Schnäppchen lange genug, also in ausreichender Zahl vorrätig sind. Bei einer Rabatt-Aktion, die auf zwei Stunden beschränkt ist, muss die Ware mindestens eine halbe Stunde lang käuflich zu erwerben sein, bevor sie dann als "ausverkauft" gilt. Das habe das Landgericht Berlin gestern in einem – allerdings noch nicht rechtskräftigen – Urteil bestätigt (Urteil vom 01.03.2012, Az. 91 O 27/11).

Hintergrund des vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) angestrengten Verfahrens waren Kundenbeschwerden, die nach Amazons Sonderaktion "Cyber Monday 2010" bei den Verbraucherschützern eingegangen waren. Der Onlinehändler bot im Zwei-Stunden-Rhythmus jeweils fünf Produkte zu drastisch reduzierten Preisen an. Doch die meisten Kunden gingen leer aus, denn die Produkte waren oft schon Sekunden nach dem Verkaufsstart "ausverkauft". Sie waren dann nur noch zum regulären Preis im Onlineshop erhältlich.

Der Verband hatte Amazon daraufhin vorgeworfen, die Menge der Ware so knapp gehalten zu haben, dass die große Mehrheit der Interessenten gar keine Chance hatte, zum Zuge zu kommen. Das Ziel der Sonderaktion sei es gewesen, möglichst viele Verbraucher auf die Internetseite von Amazon zu locken, damit sie andere Produkte bestellen – so der Vorwurf des vzbv.

Das Berliner Landgericht gab der Klage auf Unterlassung der Werbeaktion statt und machte klar, in welchem Rahmen solche Angebote erlaubt sind: Wer zeitlich begrenzte Schnäppchenaktionen anbietet, muss dafür sorgen, dass die reduzierte Ware mindestens während des ersten Viertels des Angebotszeitraums erhältlich sein muss.

Das Urteil ist zwar noch nichts rechtskräftig, doch eine Berufung hat vermutlich wenig Aussicht auf Erfolg. Denn das Gericht folgte damit der Auffassung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte bereits im Lidl-Fall geurteilt, dass beworbene Waren für eine gewisse Zeit vorhanden sein müssen. Desweiteren haben sie auch klargestellt, dass Kunden nur mit eindeutigen Angaben über die Verfügbarkeit von beworbenen Waren in einen Shop gelockt werden dürfen. (map)