EU-Parlamentarier warnt vor chinesischem Patentaktionismus

Der FDP-Politiker Jorgo Chatzimarkakis sieht in China eine "aggressive Patentkultur" entstehen und sorgt sich, dass Pseudo-Erfinder westliche Entwicklungen mit eigenen Schutzansprüchen überziehen und den Markt blockieren.

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Der EU-Parlamentarier Jorgo Chatzimarkakis sieht in China eine "aggressive Patentkultur" entstehen. Dabei besorgt ihn vor allem, dass Pseudo-Erfinder im Reich des Drachen westliche Entwicklungen mit eigenen Schutzansprüchen überziehen und so Geschäftshindernisse für europäische Firmen aufbauen. Die Chinesen würden in diesem Zusammenhang auch "unsere eigenen Gesetzeslücken" ausnutzen, beklagte der FDP-Politiker in einem Gespräch mit dem Deutschlandradio. Er verwies dabei etwa auf die von ihm eigentlich mit befürwortete politische Ablehnung von Softwarepatenten in Europa. Chatzimarkakis hält daher ein "Nachziehen" für erforderlich, insbesondere bei der besseren "Abfederung" europäischer Patente. Im Prinzip wäre dem Mitglied im Ausschuss für Internationalen Handel im EU-Parlament die rasche Einigung auf eine echtes Gemeinschaftspatent am liebsten, durch das Übersetzungen in EU-Sprachen reduziert werden könnten. Andernfalls müsse zumindest das Londoner Übereinkommen ratifiziert werden, das ähnliche Ziele verfolgt.

China hat laut dem Liberalen in den vergangenen Jahren das europäische und deutsche Patentrecht regelrecht "kopiert", also die Basis für eine systematische Vergabe gewerblicher Schutzrechte geschaffen. "Der Chef der Patentbehörde in China hat in Deutschland studiert, spricht fließend Deutsch und hat sich eben dieses deutsche, robuste Patent zur Grundlage genommen", weiß der Abgeordnete. Die sei zunächst positiv zu werten, da die Chinesen nun eine eigene Patentkultur entwickeln und das Schutzprinzip verstehen würden.

Gleichzeitig monierte Chatzimarkakis aber, dass die Chinesen das Rad überdrehen: "Sie gehen hin und schauen sich europäische Patente an oder die Entwicklung zu Patenten und (...) melden ein chinesisches Patent an und zwar nur in chinesischer Sprache. Damit blockieren sie auf viele, viele Jahre den Markt." So sei es etwa beim Transrapid "ein wenig" gelaufen. Von den 32 Patenten, mit dem die Grundzüge der Magnetschwebebahn geschützt seien, würden den Chinesen nur noch drei fehlen. Alle anderen Monopolansprüche hätten sie leicht abgewandelt bereits zu eigenen Patentansprüchen angemeldet. Eine ähnliche Entwicklung fürchtet der FDP-Politiker vor allem bei der Luft- und Raumfahrttechnologie. Er hält es daher für "fahrlässig", dass sich China beim europäischen Satellitensystem Galileo gegen eine sehr geringe Beteiligungssumme einkaufen durfte.

Chatzimarkakis, der sich selbst als "großer Chinafreund" bezeichnet, ist generell der Auffassung, dass die Europäer "nun halt aufpassen müssen". Es seien "faire Regeln" einzurichten. Dazu gehöre es zunächst einmal, die chinesischen Strukturen und Patente zu verstehen, wofür vor allem Übersetzungen etwa ins Englische erforderlich seien. In Europa sei zudem eine neue Patentstrategie gefragt.

Warnungen, dass die chinesische Wirtschaft die Konkurrenz aus dem Westen gerade beim Patentschutz bald überholen und Europäer und US-Amerikaner zu Lizenznehmern machen wird, gibt es bereits seit einiger Zeit. Konkrete Schwierigkeiten mit chinesischen Patentansprüchen auch bei der Standardisierung von Internet-Protokollen traten zudem jüngst im Rahmen der Internet Engineering Task Force (IETF) auf: Der Netzwerkausrüster Huawei behinderte jüngst die Fortentwicklung des syslog-Standards und lenkte erst nach einer öffentlichen Debatte über sein Vorgehen ein.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)