SAP räumt unerlaubten Zugang zu Oracle-Datenbanken ein [2. Update]

Die Industriespionagevorwürfe von Oracle wies der SAP-Vorstandschef Henning Kagermann in einer ersten Erwiderung auf die Klage des US-Konkurrenten wegen Diebstahl geistigen Eigentums aber vehement zurück.

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Von
  • Jürgen Kuri

SAP-Vorstandschef Henning Kagermann dürfte der Gang in die Öffentlichkeit am heutigen Dienstag nicht besonders gefallen haben. In ersten Kommentaren zu einer Klage von Oracle gegen SAP wegen angeblichen Diebstahls von geistigem Eigentum des US-Datenbankkonzerns hatte SAP die Vorwürfe vehement bestritten. Nun musste Europas führender Softwarekonzern zumindest einräumen, die Tochter TomorrowNow habe "einige Fehlerbehebungen und Wartungsdokumente in unangemessener Weise heruntergeladen", wie SAP es in der nun vorgelegten Klageerwiderung formuliert. SAP räumte damit den unerlaubten Zugang zu Datenbanken seines Erzrivalen ein.

Die Industriespionagevorwürfe des US-Konzerns wies Vorstandschef Henning Kagermann am Dienstag allerdings erneut vehement zurück. Die SAP-Tochter habe zwar Wartungsdokumente von Oracle in unangemessener Weise heruntergeladen, die Muttergesellschaft habe aber keinen Zugriff auf diese Downloads gehabt und damit auch keinen Diebstahl geistigen Eigentums begangen. [Update: Als Erklärung für die Vorgänge führte Kagermann an, dass TomorrowNow im Auftrag von Drittanbietern, die sich für die Fremdwartung ihrer Oracle-Anwendungen entschieden haben, häufig Wartungsmaterial von Oracle-Internetseiten lädt. Dem Dienstleister werde für diese Arbeiten das Kundenpasswort zur Verfügung gestellt. In diesem Zusammenhang sei es zu den unerlaubten Downloads gekommen.]

Oracle-Chef Larry Ellison hatte die Klage gegen SAP wegen Diebstahl geistigen Eigentums Ende März bei einem Bezirksgericht in San Francisco eingereicht und später um eine Urheberrechtsklage ergänzt. Der deutsche Weltmarktführer für Unternehmenssoftware soll sich danach wiederholt unerlaubt Zugang zu einer Kundenbetreuungs-Website verschafft und von dort tausende Softwareprodukte sowie anderes vertrauliches Material heruntergeladen haben.

"Für mich ist selbst ein einziger unangemessener Download inakzeptabel, und wir bedauern diesen Vorfall sehr", betonte Kagermann. "Ich möchte unseren Aktionären, Kunden, Partnern und Mitarbeitern versichern, dass SAP jede Abweichung von den hohen Grundsätzen, die wir für alle unsere Geschäfte definiert haben, sehr ernst nimmt, egal wo sie stattfindet, und sei sie noch so begrenzt. Als ich von diesem Vorfall erfuhr, habe ich umgehend Maßnahmen eingeleitet, um die Kontrolle über den Geschäftsbetrieb von TomorrowNow zu verstärken und gleichzeitig sicherzustellen, dass TomorrowNow-Kunden auch in Zukunft einen ausgezeichneten Service erhalten."

SAP und TomorrowNow hätten dem US-amerikanischen Justizministerium inzwischen Material zur Verfügung gestellt, um den Vorgang zu klären, führte Kagermann weiter aus. Der Vorstandschef kündigte gleichzeitig Veränderungen im Management der US-Tochter an. Über eine eigene Website will SAP zudem Kunden und Öffentlichkeit über den weiteren Verlauf des Verfahrens und die durch die beiden Streitparteien vorgelegten Dokumente informieren.

[2. Update]:
Die SAP-Aktie sackte direkt nach dem Eingeständnis um 1,21 Prozent auf 37,52 Euro ab und rangierte zeitweise am Ende des Dax; am frühen Nachmittag steht der Kurs des SAP-Papiers mit 1,66 Prozent im Minus bei 37,36 Euro. "Es ist schon ein kleiner Schock, dass wirklich Downloads stattgefunden haben", sagte ein Händler gegenüber dpa. Nun sei ein materieller Schaden wahrscheinlich. Dieser dürfte allerdings nicht sehr hoch ausfallen, da der Fehler durch die Tochter TomorrowNow begangen wurde und diese nur einen Umsatz von 50 Millionen Euro im vergangenen Jahr erwirtschaftet habe. Welche Rückstellungen SAP bildet, will Kagermann erst bei Vorlage der Geschäftszahlen für das zweite Quartal am 19. Juli bekannt geben. (jk)