Extremstromsparer von ARM und Freescale

Mit weniger als 10 µWatt pro MHz wollen ARM und Freescale den effizientesten Mikrocontroller überhaupt bauen.

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Von
  • Benjamin Benz

Die britische CPU-Schmiede ARM hat heute Details zum extrem sparsamen Flycatcher-Prozessor enthüllt: Er soll Cortex-M0+ heißen, selbst unter Volllast gerade einmal 11,2 µW/MHz (sprich 9 µA/MHz bei 1,2 V) verheizen und damit 8- sowie 16-Bit-Mikrocontrollern Konkurrenz machen. Der neue 32-Bit-Kern verwendet dieselbe Teilmenge des ARMv7-Befehlssatzes wie der bisherige Cortex-M0, liefert mit 1,77 Coremark-Punkten pro MHz aber etwas mehr Rechenleistung. Dazu hat ARM unter anderem die Länge der Pipeline von drei auf zwei Stufen verkürzt. Zudem brauchen Zugriffe auf I/O-Pins nun nur noch einen statt bislang zwei Zyklen. Ebenfalls neu mit an Bord ist eine Memory Protection Unit (MPU) und ein Micro Trace Buffer, der das Debuggen per JTAG unterstützt. Die neuen Chips sollen in erster Linie in einem Low-Power-Prozess mit 90-nm-Strukturen entstehen. Der Kern belegt dann 0,04 mm². Laut ARM wäre auch ein 40-nm-Prozess möglich, er könnte die Leistungsaufnahme noch einmal senken (3 µW/MHz).

Neu mit an Bord sind die Memory Management Unit und der Micro Trace Buffer.

Zum Einsatz kommen soll der Cortex-M0+ erstmalig in der neuen Kinetis-KL-Familie. Mit dieser will Freescale den 8- und 16-Bit-Controllern Marktanteile abluchsen. Dafür sind neben niedriger Leistungsaufnahme (9 µWatt/MHz) und Preis (unter 50 Cent für die kleinsten Familienmitglieder) auch besonders einfache Entwicklungstools wichtig. So soll es (unter anderem) abgespeckte Entwicklungsumgebungen geben, die sich anfühlen wie die für 8- und 16-Bit-CPUs und nicht wie komplexe 32-Bit-Werkzeuge. Auch beim Speicherbedarf soll der Kinetis-KL konkurrenzfähig sein: Laut Freescale belegt etwa der Coremark weniger als 5 KByte Flash-Speicher, während die 8- und 16-Bit-Konkurrenz teils doppelt so viel braucht.

Laut Freescale geht der Kinetis-KL trotz 32-Bit-Befehlssatz sparsamer mit Flash-Speicher um als die 8- und 16-Bit-Konkurrenz. Die Grafik zeigt den Footprint des Coremark.

In Vorbereitung hat Freescale fünf Baureihen vom besonders sparsamen KL0x mit 20 bis 48 Pins bis zum KL4x, der zwischen den bisherigen Baureihen K3x (72 bis 100 MHz, 512 KByte Flash) und K4x (wie K3x + USB) angesiedelt ist. Geplant sind neben den besonders sparsamen Varianten auch solche für 5-Volt-Versorgungsspannung. Ob es auch gesockelte DIP-Versionen des Chips geben wird, steht bislang nicht fest. Gegenüber heise online versprach Freescale allerdings billige Entwicklungskits im "10-US-Dollar-Bereich" für Bastler und Studenten. Außerdem soll es auch ein Kinetis-KL-Modul für die Tower-Entwicklungsplattform geben.

Im Labor laufen angeblich schon erste Testchips, präsentieren will Freescale sein First Silicon auf der ESC vom 26. bis 29. März in San José. Im zweiten Quartal sollen dann erste Kunden Muster erhalten. Den Massenmarkt will Freescale erst im dritten Quartal bedienen und bis zum Ende des Jahres die Produktion voll am Laufen haben.

Derzeit reklamiert übrigens Texas Instruments den Titel "sparsamster Mikrocontroller aller Zeiten" für den auf der Embedded World vorgestellten "Wolverine" aus der MSP430-Familie. Der soll sich mit 100 µA/MHz begnügen.

[Update]Laut ARM kommt der Cortex-M0+ bei 1,2 Volt Versorgungsspannung auf 9 µA/MHz, allerdings handelt es sich dabei nur um den Kern (hergestellt in einem 90-nm-Porzess bei TSMC) ohne Peripherie und Speicher. Bei Wolverine handelt es sich indes um einen kompletten Chip. Da weder Freescale noch TI oder ARM bisher die Taktfrequenz genau beziffern, lassen sich die Werte leider nicht vergleichen. [/Update] Vorsichtshalber wählt ARM schon einmal den leicht abweichenden Titel "energieeffizientester Prozessor" der Welt. (bbe)