Subversive Medienkunst will Online-Urheberrecht aushebeln

"The Big Book Crime" des Medienkünstlers Hans Bernhard will auf die "Scheinheiligkeit der Lobby für digitales Urheberrecht" hinweisen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Ein "subversives Happening" hat der Medienkünstler Hans Bernhard angekündigt. Ein 10.000-Euro-Stipendium des kommunalen Edith-Ruß-Hauses für Medienkunst in Oldenburg wollen Bernhard und seine Gruppe ubermorgen.com dafür einsetzen, das Online-Urheberrecht von Amazon auszuhebeln. Die Folge wäre ein kostenloser Zugriff auf das Buchangebot. "Wie wir unsere Rechte schützen werden, darüber geben wir keine Auskunft", sagte eine Amazon-Sprecherin auf Anfrage von dpa.

Um je drei mit 10.000 Euro von der Stiftung Niedersachsen finanzierte Stipendien hatten sich mehr als 300 Medienkünstler aus aller Welt beworben. "The Big Book Crime" ("Das große Buch-Verbrechen"), für dessen Rahmenhandlung Mittel des "Film Noir" eingesetzt werden sollen, will nach Angaben des Edith-Ruß-Hauses auf die "Scheinheiligkeit der Lobby für digitales Urheberrecht" hinweisen. Der Software-Robot, den die Künstler einsetzen wollen, soll im Herbst fertig sein, hieß es gegenüber dpa. Das Projekt soll "das Entwenden und die Redistribution von urheberrechtlich geschützten Büchern von amazon.com 'legal'" ermöglichen. Der Software-Robot werde Amazons "Search Inside the Book" überlisten und komplette Bücher aus dem Netz laden, heißt es in der Projektbeschreibung

Bernhard und ubermorgen.com hatten 2000 beispielsweise mit der Aktionen rund um die "Wählerstimmen-Versteigerung" voteauction.com Aufmerksamkeit erregt. Teile des ubermorgen-Kollektivs hatten 1999/2000 mit Etoy.com eher unfreiwillig enormes Medienecho hervorgerufen. Sie waren vergeblich vom nachmalig Pleite gegangenen Online-Spielzeughändler etoys auf Herausgabe ihrer Domain verklagt worden.

Außer Bernhard wurden die Schweizerin Annina Rüst und die Deutsche Corinna Schnitt von der Jury ausgewählt. "Rock'n Scroll" heißt das Projekt von Rüst, die eine "Softwarestruktur für Klangerzeugung und spontane Tanzveranstaltungen" in Räumen mit Internet-Zugang verspricht. Schnitt will eine Video-Installation schaffen, die sich mit dem privaten Alltag von Menschen unterschiedlicher Herkunft beschäftigt. (jk)