Bezahlung von Topmanagern in der Kritik

2009 wurde gesetzlich geregelt, dass Vorstandsbezüge angemessen sein sollen. Seit Martin Winterkorns VW-Spitzengehalt von mehr als 17 Millionen Euro wird darüber diskutiert, was genau angemessen ist

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Von
  • Martin Franz

Angesichts deutlicher Gehaltssprünge deutscher Topmanager müssen Vorstände jetzt auch Kritik aus dem Unternehmerlager einstecken. Nach Ansicht des Verbandes der Familienunternehmer sollte die Vergütung fünf Millionen Euro im Jahr nicht übersteigen. „Fünf Millionen sind eine vernünftige Grenze, das ist auch ein schönes Gehalt, und dafür kriegt man alle guten Leute“, sagte Verbandspräsident Lutz Goebel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sieht dagegen eine Neiddebatte.

Goebels Kritik entzündet sich vor allem am Betrag von rund 17 Millionen Euro, den Volkswagen-Vorstandschef Martin Winterkorn 2011 kassiert hat. „Herr Winterkorn würde sicher auch für ein Drittel arbeiten“, wird Goebel zitiert. „Kein Top-Manager ist das 300- oder 400fache eines einfachen Angestellten wert: Solch hohen Beträge verderben die Sitten und auch die Gehaltsstrukturen.“ Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) wird von der FAS mit den Worten zitiert: „Jenseits der zehn Millionen Euro wird es sozial unverträglich.“

Martin Winterkorn, Volkswagen-Vorstandsvorsitzender, bekam im vergangenen Jahr rund 17 Millionen Euro.

(Bild: Volkswagen AG)

Auch der Hamburger Wirtschaftsrechtler Prof. Michael Adams kritisiert scharf Vorstandsbezüge in dieser Höhe. „Derart ordinär hohe Gehälter sind ökonomisch nicht erforderlich“, sagte er der FAS. „Muss Herr Winterkorn wirklich das 50fache der Bundeskanzlerin verdienen? Das 180fache eines Professors oder 15 Mal so viel, wie ein Nobelpreisträger bekommt?“

DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel forderte in einer Mitteilung vom Sonntag: „Die Systeme der Gier brauchen einen deutlichen Deckel und einen verbindlichen Korridor. Unternehmen sind nicht dazu da, Eigentümer und Manager reich zu machen.“ Der Gewerkschafter schlug „eine Koppelung sowohl an die Ertragskraft des jeweilige Unternehmens wie an die Einkommen der Arbeitnehmer des Unternehmens“ vor. „Das ist gerecht, weil das Betriebsergebnis von allen erbracht wird, nicht nur von den Managern.“

IW-Direktor Hüther hat indes kein Verständnis für solche Kritik: „In Deutschland hat kaum jemand Probleme damit, dass Schauspieler und Fußballstars Millionen im Jahr verdienen. Nur bei Managern regt sich der Neid – obwohl sie es sind, die die Arbeitsplätze schaffen“, sagte er der Welt am Sonntag. „Der Arbeitsmarkt für Manager ist international und an Top-Leuten gibt es weltweit keineswegs ein Überangebot.“ 2009 hatte der Bundestag ein „Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung“ beschlossen, darin allerdings nicht beziffert, welche Höhe angemessen ist. Schon seit einigen Jahren müssen viele Unternehmen offenlegen, wie viel ihre Topmanager verdienen.

Volkswagen hatte am Montag seinen Geschäftsbericht veröffentlicht. Demnach erhielten die acht Männer im Volkswagen-Vorstand angesichts des Rekordjahres 2011 insgesamt mehr als 70 Millionen Euro, fast doppelt so viel wie im Vorjahr mit knapp 37 Millionen Euro. Den Angaben zufolge bekam allein Winterkorn über 17,4 Millionen Euro, seine Kollegen jeweils zwischen 7,2 und 8,1 Millionen Euro.

Auch für die anderen Dax-Konzerne zeichnet sich ein deutlicher Anstieg der Vorstandsgehälter ab, wie eine kürzlich vorgelegte Auswertung von 17 der 30 Unternehmen der deutschen Topliga zeigt. Nach Berechnungen des Beratungsunternehmens Towers Watson stieg die Vergütung ohne Altersversorgung und Nebenleistungen auf rund 5,5 Millionen Euro, was eine Steigerung um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Hinter Winterkorn auf Platz eins der Spitzenverdiener landeten der Auswertung zufolge bisher Siemens-Chef Peter Löscher mit 9,8 sowie Daimler-Chef Dieter Zetsche mit 9,6 Millionen Euro.

Einer kürzlich veröffentlichten Forsa-Umfrage für das Handelsblatt zufolge haben die meisten Deutschen kein Verständnis für die sehr hohen Gehälter von Managern. 71 Prozent der Befragten finden demnach, dass auch die Manager, die erfolgreich arbeiten und gute Gewinne einfahren, kein Millionengehalt bekommen sollten. Nur ein Viertel (26 Prozent) hält die hohen Summen für angemessen. Besonders für Frauen gilt laut Forsa-Chef Manfred Güllner: „Der Raffmanager ist der Buhmann.“ Für 78 Prozent der befragten Frauen haben die Millionenschweren die hohen Summen nicht verdient. Das sahen nur 63 Prozent der Männer so. (dpa) (mfz)