Wikimania: Gedämpfter Optimismus über freie Lizenzen

Die derzeit in den USA stattfindende Konferenz Wikimania 2006 entwickelt sich zur Kursbestimmung für die Zukunft freier Lizenzen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die derzeit in den USA stattfindende Konferenz Wikimania 2006 entwickelt sich zur Kursbestimmung für die Zukunft freier Lizenzen. Eben Moglen, Gründer des Software Freedom Law Center begrüßte den Vorschlag des Creative-Commons-Begründers Lawrence Lessig zum Wettbewerb der freien Lizenzen, warf aber auch neue Fragen auf.

Der von Lawrence Lessig vorgestellte Plan zur Vereinheitlichung der freien Lizenzen fand bei Moglen keine ungeteilte Zustimmung: "Ich habe dem Vortrag von Larry hundertprozentig zugestimmt, bis ich herausgefunden habe, dass die Arbeit an mir hängenbleibt", scherzte Moglen auf dem Podium der Harvard Law School. Moglen, selbst Juraprofessor an der New Yorker Columbia-Universität, hielt Lessig zugute, dass er die dringend nötige Diskussion um die Kompatibilität der freien Lizenzen in Gang gebracht habe. Er sieht jedoch den Weg zum Wettbewerb der freien Lizenzen mit erheblich mehr Problemen belastet, als Lessig in seiner Keynote erkennen ließ.

Der Jurist betonte, dass eine Vereinheitlichung der Creative-Commons-Sharealike-Lizenzen mit der GNU Free Documentation License (GFDL) erreichbar sei. Man arbeite schon seit Monaten an einer solchen Lösung. Eine generalisierte Lösung, die alle freien Lizenzen mit gleichartigen Lizenzen kompatibel mache, sei aber eine viel größere Herausforderung. Lessig hatte vorgeschlagen, dass das Software Freedom Law Center freie Lizenzen zertifizieren solle, damit man Inhalte einer freien Lizenz in eine äquivalente freie Lizenz überführen könne.

Moglen führte an, dass die freien Lizenzen nicht nur dazu da seien, möglichst problemlos den rechtlichen Status eines Inhalts zu definieren: "Das ist nur der halbe Job." Ein anderer wichtiger Aspekt sei der Schutz der Freiheit des Inhalts. Richard Stallman habe bei der Schaffung der ersten freien Lizenzen besonderen Wert auf diesen Schutz gelegt. Eine Vereinfachung, wie sie Lessig vorschwebt, geht nach Moglens Auffassung aber zu Lasten des Schutzes der freien Inhalte.

Moglen ging mit der derzeit geltenden Version der GFDL, an der er selbst mitgewirkt hatte, hart ins Gericht: "Ich mochte die GFDL noch nie." Ihr fehle es an dem eleganten Design der GPL. Um den notwendigen Schutz zu gewährleisten, sei die Lizenz immer weiter angepasst worden, bis sie schließlich nicht mehr einfach anzuwenden gewesen sei. Ein kompletter Neuentwurf der GFDL sei unter anderem durch den unerwarteten Erfolg der Wikipedia verhindert worden, deren Inhalte unter dieser Lizenz stehen.

Mittlerweile sei aber 95 Prozent der Arbeit getan. "Wir hoffen, in relativ kurzer Zeit eine bessere GFDL präsentieren zu können", versicherte Moglen. Allein auf einen Zeitplan wollte er sich nicht festlegen lassen. Die Priorität des Software Freedom Law Center ist zur Zeit die Formulierung der dritten Version der GNU General Public Licence, die seit Monaten heiß diskutiert wird.

Eines der Probleme, die Moglen noch sieht, ist die Frage der Kombination von freien mit nicht freien Inhalten. Neben rein juristischen Problemen spielen hier auch politische Überlegungen eine Rolle: Will man freie Inhalte möglichst breit publizieren oder eine Umgebung gestalten, in der besonders viele freie Inhalte geschaffen werden? Diese Frage müsse im Prozess der Neufassung der GFDL beantwortet werden.

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(Torsten Kleinz) / (atr)