Pädagoge stellt brutale PC-Games und Personen-Umfeld in Zusammenhang

Jürgen Fritz von der FH Köln hält die Altersbeschränkungen für sinnvoll. Dass damit Taten wie die des Erfurter Schülers verhindert werden können, glaubt er aber nicht.

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  • dpa

Computerspiele mit brutalem Inhalt können eine bestehende Tendenz zur Gewalt bei Jugendlichen nach Ansicht des Medienpädagogen Jürgen Fritz verstärken. Ein Jugendlicher, der in einem aggressiven Umfeld aufwachse, werde sich auch die härtesten Computerspiele beschaffen, die der Markt hergebe, sagte Fritz, Professor an der Fachhochschule Köln. "Dann wird das, was ist, durch das, was er sich beschaffen kann, verstärkt." Spiele seien aber nicht Ursache für den Hang zur Gewalt.

Solche Mechanismen könne auch das novellierte Jugendschutzgesetz, das vor genau zwei Jahren in Kraft trat, nicht völlig ausschließen. Seit dem 1. April 2003 müssen Computerspiele mit einer Altersfreigabe gekennzeichnet werden. Die Regelung war unter dem Eindruck des Massakers am Erfurter Gutenberg-Gymnasium entstanden.

Fritz hält die Altersbeschränkungen für sinnvoll. "Dadurch ist das Prozedere der Beurteilung von Computerspielen auf eine rechtlich einwandfreie Basis gehoben worden." Dass damit Taten wie die des Erfurter Schülers verhindert werden können, glaubt Fritz aber nicht: "Dieser Mensch hatte mit realen Waffen Umgang. Die Handlungskompetenz mit Waffen hat er nicht am Computer erlangt, sondern ganz woanders."

Computerspiele mit virtuellen Schießereien könnten allenfalls als Ersatzbefriedigung für Gewaltfantasien dienen. "Die Virtualität macht aber auf Dauer nicht satt, der Hunger kann stärker werden." Der Schutz, der von der Alterskennzeichnung ausgeht, betrifft nach Ansicht von Fritz eher jüngere Kinder. Durch besonders brutale Szenen könnten bei ihnen Ängste geweckt werden, weil sie das, was sie sehen, für reale Gefahren halten. Außerdem könnte der Sinn für die reale Welt beeinträchtigt werden. "Jemand, der unbedarft ist, könnte annehmen, ein Kriegsspiel entspräche dem realen Krieg. Aber ab 14 oder 16 wissen die Jugendlichen, dass Krieg Tod, Leid und Gewalt bedeutet", sagte Fritz. (dpa) / (tol)