Nano oder Nano
Mit dem iPhone 4S hatte Apple eine verkleinerte Version der klassischen SIM-Karte eingeführt. Die nächste Version soll nun noch kleiner werden.
Nach der Micro-SIM soll nun die Nano-SIM Einzug in die Smartphones halten. Zwei konkurrierende Vorschläge gibt es dazu – einen von Apple und dem SIM-Karten-Hersteller Giesecke & Devrient, einen anderen von einem Konsortium um Nokia, Research in Motion und Motorola.
(Bild:Â Giesecke & Devrient)
Hinter dem Entwurf von Apple sollen die meisten europäischen Netzbetreiber stehen. Er sieht eine um den Plastikrand erleichterte klassische SIM-Karte mit den üblichen acht Kontakten vor; sie könnte über einen mechanischen Adapter auch in Einschüben für herkömmliche SIM-Karten oder in Micro-SIM-Slots verwendet werden. Das Konsortium um Nokia hingegen setzt auf ein neues Format, das ähnlich wie eine SD-Karte mit Kontakten an nur einer Kante ausgestattet ist. Festgelegt wird der Standard von der europäischen Standardisierungsorganisation ETSI (European Telecommunications Standards Institute). Dort haben die beiden rivalisierenden Parteien auch ihre Entwürfe eingereicht.
Der von Apple eingebrachte Vorschlag erfüllt nach Ansicht von Nokia nicht alle von der ETSI gestellten Forderungen an ein neues Format. So entspreche die Breitseite der Karte mit zwölf Millimetern Länge der Längsseite der Micro-SIM – dies stehe im Widerspruch zu den Anforderungen und könnte unter Umständen zu einer Verkantung beim versehentlichen Einsetzen in einen Micro-SIM-Slot und zu Beschädigungen der Karte und des Gerätes beim Entfernen führen. Weitere Anforderungen der ETSI sind bislang nicht bekannt.
Sollte die ETSI den Apple-Vorschlag standardisieren, drohte Nokia im Vorfeld, werde man die eigenen SIM-Patente nicht lizenzieren. Nokia hält nach Angaben von Technologiechef Henry Tirri mehr als 50 relevante Patentfamilien für die SIM-Technik. Apple hingegen versprach sogar eine kostenlose Lizenzierung seiner die SIM-Karten betreffenden Patente, sollte die ETSI sich für ihren Vorschlag entscheiden. Nokia konterte dieses Versprechen wiederum mit den Worten, dass Apple gar keine relevanten Patente aus diesem Bereich besitze. Doch auch der Nokia-Vorschlag wird von den Rechten anderer bedroht: SanDisk könnte nach Angaben des Patentbloggers Florian Müller Patente halten, die für einen neuen SIM-Karten-Stand essenziell seien – eventuell betrifft dies die Verriegelung der Karte in der Halterung.
Vorteile einer kleineren SIM-Karte sehen die Protagonisten vor allem im geringeren Platzbedarf, der gewonnene Platz könne etwa für einen größeren Akku genutzt werden. Verglichen mit den Abmaßen eines üblichen Smartphones fällt der Volumengewinn mit weniger als einem Promille jedoch eher bescheiden aus – die Akkukapazität dürfte sich dadurch kaum signifikant steigern lassen. Nokia weist für seinen Entwurf auch auf eine höhere Flexibilität bei der Produktion hin, auch der Halter für die SIM-Karte spiele eine große Rolle – nicht zuletzt sei die eigene Lösung günstiger.
Den Anwendern drohen eher Nachteile: Viele Mobilfunk-Discounter haben bis heute nicht einmal eine Micro-SIM-Karte im Angebot, und wer häufiger das Handy wechselt, dürfte um die Anschaffung einer Zweit-SIM nicht herumkommen – eine solche ist ebenfalls nicht bei allen Discountern erhältlich.
In einer für Ende März angesetzten Sitzung wollte die ETSI ursprünglich eine Entscheidung über den neuen Standard fällen. Dies misslang jedoch, da sich die Kontrahenten nicht einigen konnten. Ein ETSI-Sprecher betonte, dass die Organisation grundsätzlich einvernehmliche Entscheidungen ohne Abstimmung bevorzuge. Nur wenn kein Konsens erreicht werden könne, werde abgestimmt – was bei der ETSI sehr selten der Fall sei.
Nach den ETSI-Statuten haben die Mitglieder nach dem gescheiterten Termin 30 Tage Zeit, miteinander zu reden und dadurch eventuell zu einer Lösung zu kommen. Falls es beim für Ende Mai anberaumten nächsten Treffen zu einer Abstimmung kommen sollte, steht erneut Ärger im Raum: Nokia wirft Apple vor, die Stimmenzahl bei der ETSI durch die Mitgliedschaft europäischer Tochtergesellschaften künstlich nach oben getrieben zu haben. Der „Financial Times“ zufolge hat Apple sechs europäische Gesellschaften als Vollmitglieder angemeldet, um mehr Stimmen zu bekommen. Jede Firma mit mehr als acht Milliarden Euro Umsatz bekomme bis zu 45 Stimmen. Bislang hatte Nokia mit 92 Stimmen das größte Einzelgewicht. (ll)