ICANN kann weitermachen

Die US-Regierung vertraut der ICANN die Verwaltung des Internets für mindestens ein weiteres Jahr an und behält damit die Kontrolle.

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Das US-Handelsministerium (Department of Commerce, DoC) und die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) haben sich auf eine befristete Erneuerung ihres Vertrages (PDF) über die Verwaltung grundlegender Internetfunktionen verständigt. Danach übernimmt die ICANN für mindestens ein weiteres Jahr die Aufgaben der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) und kümmert sich unter anderem um die zentrale Rootzone des Internets und die Vergabe von IP-Adressen. Der Vertrag kann bis 2011 jährlich verlängert werden.

Dass ICANN wieder die technische Administration übernehmen soll, kommt wenig überraschend, obwohl das DoC im Vorfeld eine mögliche Neuausschreibung angedeutet hatte. Die ICANN verwaltet damit weiterhin Kernfunktionen des internationalen Netzes. Doch auch nach dem neuen Vetrag behält das DoC die direkte Kontrolle über Änderungen in der Rootzone des internationalen Domain Name System, die unter anderem für die Umsetzung der Domainnamen auf numerische IP-Adressen zuständig ist. Änderungen in der Rootzone darf weiterhin nur der Domainverwalter Verisign auf Anordnung des Ministeriums vornehmen. Die Einflussmöglichkeiten der US-Regierung sind Kritikern schon lange ein Dorn im Auge. Versuche, die Internetverwaltung dem Einflussbereich des DoC zu entziehen, haben die USA bisher erfolgreich blockiert.

Auf dem Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) in Tunis Ende 2005 hatten die USA zwar die Souveränitat der Länder über die eigenen Domains formal anerkannt, ohne sich allerdings in der Sache zu bewegen. Inzwischen hat die US-Regierung immerhin die grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, ICANN langfristig in die Unabhängigkeit zu entlassen. Anzeichen, dass dies tatsächlich in naher Zukunft passiert, gibt es allerdings keine. Zuletzt hatte ein US-Regierungsvertreter bekräftigt, die USA wolle die Kontrolle über die Rootzone behalten. Doch gibt es offenbar Sonderregelungen für einige ccTLDs. So soll zum Beispiel Frankreich Änderungen in der .fr-Zone selbstständig abzeichnen können, bevor das DoC seine Unterschrift gibt.

Auch deshalb wird der nun ebenfalls anstehenden Verlängerung des Rahmenvertrages zwischen ICANN und dem Ministerium besonderes Interesse zuteil. Dieses so genannte "Memorandum of Understanding" (MoU) läuft ebenfalls am 30. September ab. ICANN-Chef Paul Twomey freut sich unterdessen über die Verlängerung des IANA-Kontrakts: "Das Handelsministerium bestätigt mit der Vertragsvergabe, dass die ICANN besonders für diese Funktion geeignet ist". Weder Twomey noch die ICANN sind gänzlich unumstritten. Beobachter vermuten, mit der Androhung einer öffentlichen Ausschreibung habe die Behörde Druck auf die ICANN ausüben wollen, die unter anderem für die Schwerfälligkeit bei administrativen Prozessen kritisiert wird. Der neue Vertrag sieht jetzt eine schnelleres Verfahren für technische Änderungen vor.

Der ICANN wird neben der Abhängigkeit von der US-Administration auch mangelnde Transparenz vorgeworfen. Zuletzt sah sich die Organisation heftigen Vorwürfen ausgesetzt, bei ihrer Ablehnung der eigentlich schon zur Einführung vorgesehen Porno-Toplevel-Domain ".xxx" dem Druck der US-Regierung nachgegeben zu haben. Kritiker werfen der ICANN zudem vor, ihre administrativen Aufgaben im Bereich der IANA nicht klar genug von ihrer politischen Funktion zu trennen. Das soll der neue Vertrag jetzt klären. (vbr)