Acer: "Die gesamte Industrie ist enttäuscht über Windows Vista"

Der viertgrößte PC-Hersteller wirft dem Softwarekonzern Microsoft vor, gravierende Fehler bei seinem neuen Betriebssystem Vista gemacht zu haben.

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Von
  • Jürgen Kuri

"Die gesamte Industrie ist enttäuscht über Windows Vista", sagte Acer-Präsident Gianfranco Lanci der Financial Times Deutschland: Mit dem weltweit viertgrößten PC-Hersteller Acer wirft erstmals ein großer PC-Hersteller dem Softwarekonzern Microsoft vor, gravierende Fehler bei seinem neuen Betriebssystem Vista gemacht zu haben. Lanci steht gemeinsam mit dem Gründer Stan Shih und dem Vorstandschef J. T. Wang an der Spitze des taiwanischen IT-Konzerns, der einen Jahresumsatz von 11,3 Milliarden Dollar erzielte und hinter Hewlett-Packard, Dell und Lenovo auf der Liste der weltgrößten PC-Hersteller steht.

Noch nie zuvor in der Geschichte der PC-Branche habe eine neue Windows-Version den Absatz von Computern derart wenig angekurbelt wie Vista; das werde sich auch im zweiten Halbjahr nicht ändern. Für Acer ergibt sich aus der Analyse der Marktsituation aber anderes: Computerbauer und Zulieferer hätten nach dem Start von Windows Vista Ende Januar einen Wachstumsschub erhofft. Lanci glaubt aber nicht, dass sich jemand wegen Vista einen neuen PC kauft. Oftmals würden besonders Geschäftskunden darum bitten, das alte Betriebssystem Windows XP aufzuspielen. Obwohl die Branche Jahre auf Vista gewartet habe, sei die Software beim Start immer noch nicht zu 100 Prozent ausgereift gewesen. "Die Stabilität ist sicher ein Problem", betonte Lanci.

Microsoft dürfte allerdings bei der Sicht auf den Betriebssystemabsatz anderer Ansicht sein: Bei der Vorlage der Bilanzen für das vierte Quartal des Microsoft-Geschäftsjahrs 2007 hieß es in Redmond, man habe auch wegen guter Akzeptanz von Vista zulegen können: Der Quartalsumsatz von Microsoft kletterte im Jahresvergleich von 11,8 auf 13,4 Milliarden US-Dollar, der Nettogewinn von 2,83 auf 3,04 Milliarden US-Dollar. Die Sparte Client (alle Windows-Betriebssysteme für Desktop-Rechner) steigerte den Umsatz von 3,347 auf 3,808 Milliarden US-Dollar, den operativen Gewinn von 2,546 auf 2,818 Milliarden US-Dollar. Microsoft spezifizierte allerdings nicht genauer, wie viel dieses Umsatzes auf Vista zurückgeht; Ende März feierte Microsoft aber bereits 20 Millionen ausgelieferte Vista-Lizenzen.

Allerdings gab es anfangs bei dem Softwarekonzern selbst widersprüchliche Signale, was den Erfolg von Vista angeht: So warnte Steve Ballmer Mitte Februar Analysten, sie schätzten die Auswirkungen von Vista auf den Konzern-Umsatz etwas zu optimistisch ein. Zuvor hatte Ballmer allerdings auch schon einmal prognostiziert, Vista werde sich im Markt schneller durchsetzen als Windows XP. Ballmers Äußerungen über die zu hoch gesteckten Erwartungen an Vista wurden später dann auch noch einmal von Bill Gates relativiert, der Ende Februar betonte, das neue Betriebssystem Windows Vista stoße auf regen Zuspruch und habe seit Erscheinen die Verkäufe der PC-Händler angetrieben. Auch Microsofts Deutschlandchef Achim Berg zeigte sich laut Financial Times Deutschland nach Vorlage der Bilanzen für 2007 Ende vergangener Woche betont optimistisch: Vista sei in Deutschland ein großer Erfolg. (jk)