Staatliches CleanIT-Projekt sucht beim Anti-Terrorkampf private Hilfe

Das multinationale CleanIT-Projekt arbeitet an einem Prinzipien- und Massnahmen-Katalog für den Anti-Terror-Kampf im Internet. Angedacht sind dabei offenbar Konzepte, wie man sie aus dem Kampf gegen Kinderpornographie kennt.

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Von
  • Monika Ermert

Das CleanIT-Projekt der Innen- und Justizminister in den Niederlanden, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Belgien und Spanien arbeitet an einem Prinzipien- und Best-Practice-Katalog für den Kampf gegen Terrorismus im Internet. Mit von der Partie sind Anti-Terror-Experten der Ministerien sowie ungenannte Unternehmensvertretern und Nichtregierungsorganisationen. Die Einladung an die Privaten soll für eine Balance zwischen Sicherheitsanspruch einerseits und Grundrechten aber wohl auch für die Unterstützung durch die Unternehmen sorgen, erläuterte But Klaasen, Anti-Terrorexperte des Niederländischen Justizministeriums den Teilnehmern der Anti-Abuse Arbeitsgruppe beim 64. Treffen der Adressverwaltung RIPE in Ljubljana.

Zugangsfreiheit, Meinungsfreiheit und Datenschutz haben die CleanIT-Partner an den Anfang ihres Prinzipienkatalogs (PDF-Dokument) gestellt. Bislang traf sich die CleanIP-Gruppe in Amsterdam, Madrid und Brüssel: Beim nächsten Treffen der Gruppe im Juni in Berlin soll der Katalog und eventuell auch eine dauerhafte Plattform für die Private-Public-Partnership im Anti-Terrorkampf weiter entwickelt werden.

Trotz der Bekenntnisse zu Zugangsfreiheit, Meinungsfreiheit und Datenschutz könnte Abschnitt 11 des Entwurfs Sorgen nähren: Danach sollen Unternehmen auch die Grauzone der Terror-Szene im Auge behalten. Der Entwurfstext unterscheidet nämlich zwischen "klar rechtswidrigen" Handlungen und "nicht akzeptablem" Verhalten. Entscheidungen über letzteres könnten nur die IProvider treffen, heißt es da. Klaasen erläuterte in Ljubljana, der Prozess der Radikalisierung und die "Anwerbung" selbst sei nicht illegal, ebensowenig wie die Nutzung von Social Media-Seiten. "Es ist schwer festzulegen, wann die Grenze zur Illegalität überschritten wurde", sagte der Niederländer.

Wie die privaten Unternehmen genau helfen sollen, ist dabei noch nicht ganz klar und soll wohl Gegenstand der noch nicht formulierten Best Practices werden. Bislang drehe sich die Diskussion um bessere Beziehungen, klare Kommunikationsstrukturen und Ansprechpartner, etwaige spezielle Anti-Terror-Meldeseiten. Auch Facebooks Real-Identity-Politik finde man sehr interessant, sagte Klaasen, und natürlich sind auch Filter im Gespräch. Klaasen unterstrich aber ausdrücklich, dass man dabei nutzer-autonome Filter meine, wie man sie aus dem Kampf gegen Kinderpornographie kenne. Filter auf einer höheren Ebene, also beim ISP oder gar auf nationalstaatlicher Ebene "sind schlechte Praxis", sagte er weiter.

Die Reaktionen der beim RIPE versammelten Administratoren fielen gemischt aus. Der Chef der Anti-Abuse-Gruppe, Brian Nisbet, lobte CleanIT als "sehr interessantes Projekt". Wilfried Woeber, Chef der Arbeitsgruppe Datenbank, sagte hingegen, die angedachte Übertragung von Konzepten aus dem Kampf gegen Kinderpornographie auf den Anti-Terrorkampf lasse alle Alarmglocken läuten. Sie zeige, dass einmal aufgebauten Infrastrukturen allzu gerne für Dinge eingesetzt würden, für die sie ursprünglich nicht gedacht waren. Selbst Klaasen räumte ein, dass die geplanten Praktiken in Konflikt zum Datenschutz geraten könnten. Genau dies sei der Grund, warum man von Anfang an Nicht-Regierungsorganisationen einbezogen habe. Welche Organisationen das sind, ist allerdings ein Geheimnis. Man werde die Namen der an den Workshops teilnehmenden Organisationen und Unternehmen nicht ohne deren Zustimmung weitergeben, heißt es auch auf der Projektseite. (rek)