Harvard soll Open-Access-Leuchtturm werden

Der Fakultätsrat der nicht als arm geltenden Elite-Universität warnt in einem Brandbrief, dass sich die Hochschulbibliothek den Bezug wissenschaftlicher Zeitschriften großer Fachverlage nicht mehr leisten könne.

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Die Harvard University will das Prestige ihrer Forscher verstärkt hinter die entgeltfreie Veröffentlichung eigener Forschungsergebnisse nach dem Modell "Open Access" stellen. Der Fakultätsrat der nicht als arm geltenden Elite-Universität hat vorige Woche davor gewarnt, dass sich die Hochschulbibliothek den Bezug wissenschaftlicher Zeitschriften großer Fachverlage nicht mehr leisten könne.

Der Falkutätsrat hat zusammen mit der Leitung der Harvard-Bibliothek beschlossen, dass der Bezug gerade elektronischer Journale auch bislang als wichtig erachteter Versorger nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Die Verträge zumindest mit zwei großen Verlagen könnten nicht bestehen bleiben, schreibt der Beirat ohne Nennung von Namen.

Forscher, Lehrer und Studenten werden aufgefordert, ihre wissenschaftlichen Beiträge im Harvard-eigenen Online-Archiv DASH zu veröffentlichen. Extern sollen Beiträge nur noch in "Open-Access"-Zeitschriften oder in Journalen mit "vernünftigen Abokosten" publiziert werden. Angestellte, die selbst in der Redaktion einer Fachzeitschrift säßen, sollten auf entgeltfreie oder unabhängige Publikationen drängen.

"Viele Herausgeber großer Fachjournale haben das Kommunikationsumfeld für Akademiker finanziell unhaltbar gemacht und behindern damit die Forschung", schrieb der Fakultätsrat. Diese Situation werde verschärft dadurch, dass einige Literaturversorger Journale nur noch in Abonnementpaketen gebündelt anbieten und dadurch die Preise hochtrieben. Die jährlichen Aufwendungen für Fachzeitschriften beziffert der "Faculty Advisory Council" mit annähernd 3,75 Millionen US-Dollar. Einige Zeitschriften schlügen mittlerweile mit bis zu 40.000 US-Dollar pro Jahr zu Buche. Die Preise für die Online-Nutzung der Inhalte zweier Verlage seien in den vergangenen sechs Jahren um 145 Prozent in die Höhe geklettert.

Der Direktor der Harvard-Library, Robert Darnton, äußerte derweil gegenüber dem britischen Guardian die Hoffnung, "dass andere Universitäten ähnlich vorgehen". Alle Hochschulen müssten sich mit Paradox auseinandersetzen, dass ihre Mitarbeiter kostenfrei forschten, Aufsätze schrieben, die anderer Forscher begutachteten und Redaktionsaufgaben mit übernähmen. Dann müssten sie die Ergebnisse der eigenen Arbeit für horrende Preise zurückkaufen.

Der niederländische Verlag Elsevier, gegen den sich bereits ein Boykottaufruf mit mehreren tausend Unterstützern richtet, ließ mitteilen, dass er eine gute Beziehung mit Harvard habe. Zu den größten wissenschaftlichen Verlagen zählen zudem Springer und Wiley. Diese rechtfertigen ihre Preise mit dem Verweis auf den Mehrwert, der etwa durch Korrekturlesen, Drucksetzung und Layout oder Vermarktung erbracht werde. (anw)