BGH weist Klage von Sedlmayr-Mörder gegen Internet-Artikel ab

Kein Erfolg für den verurteilten Mörder des Schauspielers Walter Sedlmayr: Der Bundesgerichtshof erklärt sich zwar für zuständig, bei einer Klage gegen eine österreichische Webseite – entscheidet aber in der Sache für die Meinungsfreiheit.

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Von
  • dpa

Der verurteilte Mörder des Schauspielers Walter Sedlmayr darf auch weiterhin in Online-Archiven mit Namen genannt werden. Der Bundesgerichtshof wies die Klage gegen einen österreichischen Webseiten-Betreiber ab und bestätigte damit frühere Urteile. Deutsche Gerichte sind nach der Entscheidung auch für Klagen gegen Veröffentlichungen auf Webseiten aus anderen EU-Staaten zuständig, sofern der Betroffene den Mittelpunkt seiner Interessen in Deutschland hat (Az. VI ZR 217/08).

Im konkreten Fall hatte einer der beiden Männer, die wegen des Mordes an dem Schauspieler verurteilt worden waren, dagegen geklagt, dass sein Name in einem Artikel auf einer österreichischen Webseite veröffentlicht wurde. Der BGH urteilte, das Recht des Webseiten-Betreibers auf freie Meinungsäußerung habe Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz.

Der Fall sei nach deutschem Recht zu entscheiden, weil der Kläger in Deutschland wohne – eine mögliche Beeinträchtigung seines Ansehens durch die Veröffentlichung trete deshalb vor allem in Deutschland ein. Der BGH hatte den Fall zunächst dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegt, um unter anderem die Zuständigkeit nach EU-Recht klären zu lassen. Der EuGH hat daraufhin entschieden, dass es wegen der "weltumspannenden Verbreitung" im Internet schwierig zu bestimmen sei, wo ein Schaden durch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts eintrete. Deshalb sei das Gericht jenes Ortes, an dem das Opfer seinen Wohnsitz und damit den "Mittelpunkt seiner Interessen" habe, für eine Entscheidung über den gesamten im EU-Gebiet entstandenen Schaden zuständig. Damit hatte der EuGH Schadenersatzklagen wegen Ehrverletzungen im Internet deutlich vereinfacht.

Bereits 2009 hatte der BGH entschieden, dass Meldungen, in denen der Kläger mit Namen genannt wurde, weiterhin in einem Online-Archiv zum Abruf bereitgehalten werden dürfen. Damals hatte der BGH betont, es bestehe ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit daran, auch vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren.

Der Anwalt des Klägers hatte in der Verhandlung am Dienstag argumentiert, dieser habe "keine Chance auf Resozialisierung", wenn er ständig wieder mit der Tat konfrontiert werde. Der Anwalt des Webseiten-Betreibers hielt dagegen: Eine Pflicht zur Löschung alter Artikel über zeitgeschichtliche Ereignisse führe dazu, "dass Geschichte getilgt wird". (jk)