Medienkritiker zweifelt an Facebooks Zukunft

Michael Wolff, der seit Dot-Com-Zeiten den Internet- und Werbemarkt beobachtet, glaubt nicht, dass die hohe Milliardenbewertung des sozialen Netzwerks gerechtfertigt ist.

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Der Social-Media-Riese Facebook wird trotz erster Rückschläge an der Börse weiterhin enorm hoch bewertet, obwohl er faktisch doch nur eine weitere werbefinanzierte Website darstellt, meint der Medienkritiker MIchael Wolff. "Ein Zusammenbruch von Facebook könnte das halbe Web mitreißen", schreibt er in einer Analyse für Technology Review.

Wolff, der eine Medienkolumne für den Guardian bestückt und fester Autor bei Vanity Fair ist, war bis Oktober letzten Jahres Chefredakteur des US-Werbebrachentitels AdWeek. Der Wirtschaftsjournalist beschäftigte sich schon seit Dot-Com-Zeiten mit problematischen Internet-Ideen. Seiner Meinung nach basiert Facebooks Geschäftsmodell auf dem Trugschluss, dass Web-Werbung hochprofitabel sei. "Ich kenne niemanden im werbefinanzierten Web-Geschäft, der nicht ständig damit beschäftigt wäre, seine realen Kosten mit den fallenden Pro-Nutzer-Einnahmen in Deckungsgleichheit zu bringen."

Angesichts dieser Marktverfassung sei es erstaunlich, wie es Facebook gelungen sei, eine große Menge durchaus intelligenter Menschen davon zu überzeugen, dass die Magie sozialer Medien das Web-Werbegeschäft neu erfinden werde – und zwar gewinnträchtiger denn je.

"Facebooks Geschäft wächst nur unter der auf Dauer unhaltbaren Voraussetzung, dass die Firma schneller neue Kunden gewinnen kann, als der Wert der einzelnen Kunden abnimmt." Bei 900 Millionen Usern werde das Wachstum aber immer schwieriger. Problematisch sei außerdem, dass immer mehr Nutzer mittels Smartphone auf Facebook zugreifen. "Dort ist es noch schwerer, gutes Geld mit Online-Werbung zu verdienen."

Facebook fehle bislang eine zündende Idee, in eine ähnlich komfortable Position wie Google zu kommen, das mit Suchmaschinenwerbung der wichtigste Mittelsmann im Web geworden sei. Falle Facebook, schade das auch dem Rest des Internet-Geschäfts. "Bei der Herkulesaufgabe, das allgemeine Wachstum beizubehalten, werden die unvermeidlich sinkenden Facebook-Werbepreise auch den Rest des werbefinanzierten Web zur weiteren Verbilligung zwingen."

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(bsc)