Glaubwürdigkeits-Algorithmus für Online-Foren

Die australische Plattform YourView will Diskussionen fundierter machen, indem sie die Seriosität der Teilnehmer über verschiedene Variablen bestimmt.

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Wenn Bürger im Internet aktuelle politische Themen diskutieren, geht es in den Foren oft drunter und drüber. Wer sich schnell eine Meinung bilden will, hat es schwer, denn – selbst wenn er die Polemik abzieht – welche Argumente sind wirklich fundiert? Die Anfang Mai gestartete Online-Diskussionsplattform "YourView Australia" will hierfür eine spezielle Lösung anbieten, berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe 06/12 (seit Donnerstag am Kiosk oder online zu bestellen). Gründer Tim van Gelder, Philosoph und Unternehmensberater, hat sich dabei vorgenommen, Status und Reputation für Online-Diskussionen neu zu definieren: Die Kommentare werden nicht chronologisch, sondern nach Glaubwürdigkeit sortiert. Das soll zum einen Nutzern helfen, fundierte Argumente zu erkennen. Zum anderen können Politiker, so jedenfalls hofft van Gelder, ein besseres Meinungsbild bekommen als durch klassische Umfragen.

YourView will die Glaubwürdigkeit seiner Nutzer messen: Um die vertrauenswürdigsten Beiträge zu ermitteln, werten Algorithmen, die im Hintergrund der Website laufen, das Verhalten der Teilnehmer aus und suchen darin nach sogenannten "Wissenstugenden". Diese spiegeln wider, was in der politischen Philosophie als Standard für gute Diskussionen gilt: Darunter fallen unter anderem Aufrichtigkeit, Offenheit für neue Ansichten, Informiertheit, und Unabhängigkeit. "Ein Indiz für Aufrichtigkeit ist etwa, ob jemand seine Beiträge mit richtigem Namen oder mit einem Pseudonym kennzeichnet", so van Gelder.

Das Verfahren soll im Laufe der Zeit optimiert und erweitert werden. Den Inhalt der Kommentare selbst will van Gelder aber – vorerst noch – nicht analysieren. Aus dem Verhalten eines Teilnehmers ergibt sich der individuelle Status. Je höher der Status, desto weiter oben auf der Liste erscheinen auch die Kommentare – und desto stärker wiegen auch seine Bewertungen von Beiträgen anderer Teilnehmer. Dies wiederum fließt in deren Statuskalkulation ein. Damit nicht am Ende eine Clique von Hoch-Status-Diskutanten das Forum beherrscht und neue Teilnehmer gar keine Chance haben, gehört zu werden, ist die Gesamtzahl möglicher Statuspunkte begrenzt.

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(bsc)