Prüfbericht zeigt Konflikte ums Informationsfreiheitsgesetz auf

Die Evaluation der gesetzlichen Grundlage für das Recht auf Akteneinsicht hat Bereiche wie Antwortfristen, Kosten, Ausnahmen, Rechtsstreitigkeiten oder eine proaktive Informationspolitik der Verwaltung als problematisch ausgewiesen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.

Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes bereitet zahlreiche Probleme, wenn der allgemeine Anspruch auf Akteneinsicht umgesetzt werden soll. Dazu zählt ein Evaluierungsbericht, den der Innenausschuss des Bundestags beim Institut für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation Speyer in Auftrag gegeben hat und der heise online vorliegt, etwa die Bestimmungen zu Antwortfristen, Kosten, Ausnahmeregelungen oder Rechtsstreitigkeiten. Informationszugang suchende Bürgern und Behörden seien noch zu weit voneinander entfernt.

Diese Kluft lasse sich etwa überbrücken, wenn die Ämter einen Informationsfreiheitsbeauftragten berufen müssten. Dieser könne den Bekanntheitsgrad des IFG unter den Verwaltungsmitarbeitern steigern und diese beraten. Auch werde so in den Ministerien und nachgeordneten Behörden ein fester Erfahrungsaustausch möglich.

Das Recht auf Informationsfreiheit werde "aktiv in Anspruch genommen" und auch durchgesetzt, heißt es in dem Bericht. Das zeige die "beträchtliche Zahl" an Gerichtsverfahren. Das Recht werde aber seit Inkrafttreten der Bestimmungen praktisch nicht deutlich stärker beansprucht, auch wenn der jüngste Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit anderes vermuten lasse: Der hohe Anstieg der Fallzahlen 2011 gehe auf das Bundesfinanzministerium zurück und betreffe neben der Zollverwaltung die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin). Bei dieser seien allein von einer Anwaltskanzlei rund 480 Einzelanträge gestellt worden.

Dem Bericht liegen Umfragen unter Bundesbehörden und IFG-Antragstellern, Interviews mit Bundesbehörden und eine Analyse der Rechtsprechung sowie der Fachliteratur zugrunde. Am meisten fragen demnach Bürger an, "die von einem speziellen wirtschaftlichen Interesse geleitet sind oder eine persönliche Betroffenheit aufweisen"; zumeist handele es sich um Rechtsanwälte, Journalisten, Angehörige von Interessenverbänden oder Abgeordnete.

Angesichts steigender Anfragen von Anwälten würden Bürgeranfragen unbedeutender. Behörden zweifelten deshalb an, dass die vom Gesetzgeber gewollte Transparenz gefördert und der "Normalbürger" stärker beteiligt werde. Kritisch gesehen werde in den Ämtern auch das von Nutzern zunehmend beanspruchte Internetportal Frag den Staat, da hier IFG-Verwaltungsvorgänge mit personenbezogenen Daten ohne Wissen der Behörden veröffentlicht würden und sich Antragsteller und Behörde nicht direkt austauschten.

Die "Soll-Bearbeitungsfrist" eines Antrags von einem Monat wird der Analyse nach "in nahezu jedem dritten Fall überschritten". Bürger kritisierten deshalb, Informationszugangsersuchen würden schleppend behandelt, dagegen könne man sich kaum zur Wehr setzen. Die Behörden haben seit 2007 überwiegend keine Gebühren erhoben, wenn sie Akten bereitstellten; sonst entstünde nur ein zusätzlicher Aufwand, hieß die Begründung. Die Forscher schlagen eine Kostenregelung analog zu Verfassungsbeschwerden vor. Damit wären Anfragen grundsätzlich kostenfrei, ausgenommen in Missbrauchsfällen.

Noch zu schwach ausgefallen ist dem Bericht nach die Pflicht der Verwaltung, von sich aus Informationen zur Verfügung zu stellen. Dabei käme einer solchen "proaktiven" Informationspolitik eine Scharnierfunktion zwischen übergreifenden Richtlinien zu "Open Government" und "Open Data" und den Informationsansprüchen der Einzelnen zu. Sie könne auch einen "Präventionsmechanismus für Konflikte" darstellen.

Unproblematisch zu realisieren sei etwa ein deutlicher Hinweis auf das Recht auf Informationszugang auf der Einstiegswebseite der Bundesministerien. Wesentlich aufwändiger wäre es, ein Informationsregister des Bundes oder einzelner Behörden einzurichten, durch das vorhandene Informationen erschlossen werden könnten. Durch technische Lösungen könne eine solche Datenbank dem meist sachbereichsbezogenen Interesse der Bürger gerecht werden. Auch müsse es den Bürgern erleichtert werden, den Rechtsweg zu beschreiten.

Konstantin von Notz, Innenexperte der Grünen im Bundestag, appellierte gegenüber heise online an die Parlamentskollegen, die Schlussfolgerungen und Empfehlungen ernst zu nehmen. Als "politisches Kampfinstrument" dürfe der Bericht nicht missbraucht werden. Besonders wichtig scheint ihm der Hinweis, Regelungen zur Transparenz von Verträgen der öffentlichen Hand mit Privaten nach dem Vorbild der Informationsfreiheitsgesetze in Bremen oder Berlin einzuführen. Kommen müsse auch die vorgeschlagene Abwägungsklausel etwa gegenüber Geschäftsgeheimnissen. (anw)