Innenministerium: Verfassungsschutz, MAD und BND können Online-Durchsuchungen durchführen

Nach der Auskunft des BMI auf seine Anfrage geht der Grüne Wieland davon aus, dass "die Geheimdienste bereits ungeniert und unkontrolliert hacken".

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Von
  • Florian Rötzer

Erst vor wenigen Tagen hatte die Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion erklärt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz schon jetzt das Recht besitze, Online-Durchungen durchzuführen, obgleich der Bundesgerichtshof am 31. Januar dies untersagt und die Schaffung einer rechtlichen Grundlage gefordert hatte. Nun hat die Bundesregierung auf eine Anfrage von Wolfgang Wieland, des innenpolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion, mitgeteilt, dass nicht nur der Verfassungsschutz, sondern auch der Militärische Abwehrdienst (MAD) und der Bundesnachrichtendienst (BND) bereits die Rechtsgrundlagen „für eine heimliche Informationserhebung mittels Online-Durchsuchung“ besitzen. Im Inland würde der BND von seinen Befugnissen aber keinen Gebrauch machen. Die Anfrage hat der parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Peter Altmaier (CDU), beantwortet.

Ob die genannten Dienste bereits Online-Durchsuchungen durchfühtren, geht offenbar aus dem Schreiben nicht hervor. Wieland ist jedoch der Überzeugung: "Die Geheimdienste hacken bereits, ungeniert und unkontrolliert." Er fordert die Bundesregierung auf, die Online-Durchsuchungen sofort einzustellen. Für Wieland wird damit Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) verletzt, da es sich bei Online-Durchsuchungen auf Festplatten heimischer PCs um ein Eindringen in Wohnungen handelt. Überdies sei mit dem Eindringen in Computer auch nicht der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Schutz des "Kernbereichs privater Lebensgestaltung" gewährleistet. Wieland moniert, dass die Online-Durchsuchungen, so sie denn bereits praktiziert werden, unkontrolliert stattfinden würden. Weder liege für sie eine Genehmigung eines Richters vor, noch werde sie von der G-10-Kommission kontrolliert. Das sei ein Skandal.

Gegenüber Spiegel Online wies ein Sprecher des Bundesinnenministeriums die Vorwürfe zurück und berief sich auf die Gesetzeslage: "Das Bundesverfassungsschutzgesetz ist für jedermann offen und lesbar. Was die konkrete Tätigkeit der Nachrichtendienste angeht, berichten wir aber nur an das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) und nicht an die Öffentlichkeit. Auch das ist kein Skandal, sondern der Wille des Gesetzgebers." Dem Handelsblatt erklärte eine Sprecherin des Bundesamts für Verfassungsschutz auf die Frage, ob bereits Online-Durchsuchungen stattgefunden hätten, dass dies geheim sei. Zudem unterliege auch die Dienstvorschrift, aufgrund derer dies geregelt ist, der Geheimhaltung. Nach Paragraph 8 Absatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes dürfen die Verfassungsschützer nach der zur Geheimsache erklärten Dienstvorschrift "Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung anwenden". Auch Dieter Wiefelspütz, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hatte am Dienstag bereits erklärt, die Bundesregierung sei der Meinung, für Online-Durchsuchungen bereits eine Rechtsgrundlage zu haben, betonte aber, eine "klare Rechtsgrundlage" müsse man erst schaffen. So äußerte sich auch Wolfgang Bosbach, der stellvertretender Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, während Jörg Ziercke, der Präsident des Bundeskriminalamtes, forderte, dass der Gesetzgeber dieses Fahndungsmittel ermöglichen müsse.

Wieland wirft der Bundesregierung vor, sie wisse sehr wohl, dass die von ihr beanspruchte Rechtsgrundlage nicht gesicherte ist. Nach dem Schreiben werde nämlich aufgrund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs geprüft, ob "gegebenenfalls ein gesetzgeberischer Änderungsbedarf bei der entsprechender Informationsbeschaffung durch die Nachrichtendienste besteht". (fr)