AK Vorrat kritisiert Speicherpraxis bei Mobilfunkanbietern

Sie speichern Einzelverbindungen von Flatrate-Usern oder Nummern eingehender Anrufe aus dem Inland. Dank der Datenschutzaktivisten wurde bekannt, dass die Bundesnetzagentur die Speichermethoden der Provider eingehend untersucht.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

"Mobilfunkanbieter speichern illegal unsere Bewegungen" – unter dieser Überschrift kritisiert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) die Datensammlungen deutscher Telecom-Anbieter. Nach Einschätzung des AK Vorrat zeichnen die Firmen "rechtswidrig" auf, "an welchem Ort (Funkzelle) wir unser Handy oder Smartphone genutzt haben. Vodafone speichert dies bis zu 210 Tage lang", lautet einer der Vorwürfe. Andere Provider speichern demnach weniger lang: "The Phonehouse Telecom: 120 Tage, Drillisch/SIMply: 92 Tage, E-Plus: 80 Tage, Telekom: 30 Tage"; der im Weser-Ems-Raum ansässige Anbieter EWE-Tel nehme hingegen "keine Speicherung" vor.

Grundlage der Kritik ist eine Erhebung der Bundesnetzagentur (BNetzA) von 2011, die ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. Aus Vermerken in den nun vom AK Vorrat veröffentlichten Dokumenten (PDF-Datei) – darunter Schriftwechsel zwischen BNetzA und Telecom-Anbietern – geht hervor, dass offenbar die Bonner Behörde selbst den Datenschutzaktivisten diese Papiere auf Grund des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) zur Verfügung gestellt hat.

Die BNetzA hatte mit der Erhebung begonnen, nachdem der AK Vorrat aus seiner Sicht unberechtigte Speichermethoden gegenüber dem Regulierer angezeigt hatte: Obwohl für eingehende Gespräche aus dem Inland normalerweise keine Gebühren anfallen, hielten Mobilfunkanbieter fest, wer wann von wem angerufen wurde. Selbst bei Nutzung von Pauschaltarifen oder Flatrates speicherten die Anbieter, wen man anruft oder wem man SMS sendet.

Die Deutsche Telekom rechtfertigte diese Praxis mit dem Argument, sie speichere solche Daten, um überprüfen zu können, ob Einwände von Kunden gegen eine Rechnung plausibel sind. Laut den veröffentlichten Dokumenten hat die Bundesnetzagentur die Telekom zwischenzeitlich darauf hingewiesen, dass eine Speicherung des Aufenthaltsorts nur "bei standortabhängigem Tarif zulässig" sei. Ein solches Angebot hatten die Bonner vor Jahr und Tag mit "T-Mobile@home" aufgelegt, um damit auf die heutige O2 zu reagieren, die mit der "Homezone" eine Innovation in den deutschen Mobilfunkmarkt eingeführt hatte.

Die Bundesnetzagentur bestätigte gegenüber heise online, dass sie im vergangenen Jahr eine "Erhebung zur Speicherung von Verkehrsdaten bei größeren Telekommunikationsunternehmen" durchgeführt hat. Aus dieser Erhebung ließen sich allerdings "keine Rückschlüsse auf eine ggf. rechtswidrige Protokollierung von Daten durch deutsche Mobilfunkanbieter ziehen".

Die Befugnisse der Unternehmen zur Speicherung von Verkehrsdaten ergäben sich aus "Erlaubnistatbeständen" des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Auf dieser Grundlage könne der Regulierer beurteilen, ob eine Speicherung im gesetzlich zulässigen Rahmen liegt. Anlässlich der Anzeige des AK Vorrat überprüfe die Bundesnetzagentur derzeit die Speicherpraxis der Mobilfunkanbieter. Da die Überprüfung noch andauert, sieht sich die Behörde derzeit noch nicht in der Lage, die Rechtmäßigkeit der Datensammlungen zu bewerten. Außerdem erarbeitet die Bundesnetzagentur in Zusammenarbeit mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz einen "Leitfaden mit Empfehlungscharakter" für die Speicherung von Verkehrsdaten.

Schon jetzt gibt die BNetzA den Providern einen Fingerzeig, Art und Umfang des Datensammelns auf den Prüfstand zu stellen. Laut Regulierer ist die Speicherung der Daten von eingehenden Gesprächen sowie von Ortsinformationen "nicht in allen Fällen irrelevant für die Abrechnung". Weniger verklausuliert heißt das: Was bei den Mobilfunkern gängige Praxis ist, ist nur unter bestimmten Voraussetzungen – zum Beispiel bei Homezone-Kunden – zu rechtfertigen. (ssu)