Mexikanischer Milliardär greift nach E-Plus

Die niederländische KPN, zu der E-Plus gehört, ist Ziel einer feindlichen Übernahme durch die mexikanische América Móvil. Im Fokus steht die Düsseldorfer Tochter mit 23 Millionen Handynutzern.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frederik Nissen
  • Peter Lessmann
  • dpa

Die drittgrößte deutsche Mobilfunkbetreiber E-Plus könnte bald in die Hände des mexikanischen Multi-Milliardärs Carlos Slim Helú gelangen, der als reichster Mann der Welt gilt. Der von ihm beherrschte Konzern América Movil steht kurz davor, entscheidenden Einfluss auf die E-Plus-Muttergesellschaft KPN zu gewinnen. Auf knapp 21 Prozent haben sich die Anteile der Mexikaner inzwischen erhöht, obwohl das KPN-Management mit allen Mitteln versucht, den Angriff zu parieren.

Doch mit ihrem ersten Fluchtversuch sind die Niederländer in eine Sackgasse geraten: Vor wenigen Wochen hatte KPN angekündigt, alle Optionen für E-Plus zu prüfen. Eine Variante war dabei offenbar, E-Plus mit O2 Deutschland – einer Tochter der spanischen Telefónica – zusammenzuführen. Das Ziel: KPN für América Móvil ohne die profitable E-Plus weniger attraktiv zu machen und in Deutschland einen neuen Marktführer zu schaffen, der mit zusammengenommen 42 Millionen Kunden mehr Teilnehmer hätte als die bisherigen Platzhirschen Vodafone (36,5 Millionen) und Deutsche Telekom (35,1 Millionen Kunden – laut Zahlen der Bundesnetzagentur fürs erste Quartal 2012). Doch diese Pläne sind vom Tisch.

E-Plus-Zentrale in Düsseldorf: Viele Marken, neue Fassade – der Fusionspoker im Mobilfunk hat längst begonnen.

(Bild: E-Plus)

Die Gespräche für einen Zusammenschluss von Mobilfunkanbietern innerhalb Deutschlands wurden ohne Einigung beendet, teilte KPN vor wenigen Tagen mit, ohne Namen zu nennen. Begründet wurde die Absage unter anderem mit den Turbulenzen an den Kapitalmärkten. Es habe sich gezeigt, dass der deutsche Mobilfunkmarkt lukrativ sie und in E-Plus noch erhebliches Potenzial für Wertzuwachs schlummere. Um den Mexikanern den Appetit doch noch zu verderben, will Unternehmenschef Eelco Blok die belgische Mobilfunktochter Base verkaufen. Den Wert dieses Unternehmensteils taxieren Experten auf ein Volumen von 1,8 Milliarden Euro.

Zur Abwehr der ungewollten Übernahmeofferte der Mexikaner hat KPN nun eine Option weniger. América Móvil hatte ursprünglich angekündigt, ihren KPN-Anteil von anfangs etwa 5 Prozent auf knapp 28 Prozent aufstocken zu wollen. Den Mexikanern würde dieses Paket genügen, um KPN zu dominieren, weil bei den Hauptversammlungen regelmäßig nur 44 Prozent des Kapitals präsent sind. América Móvil könnte Entscheidungen über Übernahmen oder Verkäufe, die Ausgabe von Aktien oder die Zerschlagung lenken.

Mögliche Ziele für eine weitere Option gibt es auch: Telefónica hat mit einer langen Serie von Zukäufen einen Schuldenberg von 55 Milliarden Euro zusammengetragen. Der Druck, an Bargeld zu gelangen, ist groß. Vor wenigen Wochen hatte Telefónica angekündigt, einen Teil der O2-Tochter an die Börse zu bringen. Milliardär Slim hat mit dem jüngst erfolgten Einstieg bei Telekom Austria bereits einen Fuß in einen gleichfalls deutschsprachigen Mobilfunkmarkt gesetzt, der zwar nicht zu den größten, aber zu den innovativsten in Europa zählt (ssu)