David gegen Googliath

Nischen-Suchmaschinen wie DuckDuckGo oder Blekko ziehen mehr Nutzer an, seit der Internet-Riese immer mehr Daten haben will.

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Nischen-Suchmaschinen wie DuckDuckGo oder Blekko ziehen mehr Nutzer an, seit der Internet-Riese immer mehr Daten haben will.

Der Suchriese Google hat für den Geschmack vieler User bisher schon zu viele Daten über sie gesammelt. Neue Änderungen Anfang 2012 sorgten erneut für Missgunst – beispielsweise die Google-Funktion "Search, plus Your World", weil sie Nutzern bevorzugt Links präsentiert, die auf deren Aktivitäten bei anderen Google-Diensten wie etwa Google+ oder Gmail basieren und Informationen aus dem Freundeskreis bevorzugen. Die reinen neutralen Suchergebnisse rutschen dagegen nach unten, konkurrierende soziale Netzwerke wie Twitter beschwerten sich deshalb bereits.

Als Reaktion scheint zumindest eine Avantgarde der Nutzer mittlerweile auszuweichen. Das legen jedenfalls die Zugriffszahlen bei jungen Konkurrenten wie DuckDuckGo und Blekko nahe, die mit Daten- und Spam-Schutz werben: Ihre Nutzung ging in den letzten Monaten steil nach oben.

Google-Suchergebnisliste: Immer mehr Werbung nervt Nutzer.

Bei DuckDuckGo etwa haben sich die täglichen Zugriffe im Frühjahr auf 1,5 Millionen mehr als verdreifacht. Die Firma, die aktuell nur aus vier Vollzeitmitarbeitern besteht, speichert nach eigenen Angaben keine persönlichen Informationen wie die IP-Adressen und erlaubt damit eine anonyme Nutzung. Suchanfragen und Herkunft des Nutzers werden nicht miteinander verknüpft. Auch das sogenannte "Search Leakage"-Problem will das Start-up im Griff haben – dabei werden Websites die Suchbegriffe des Nutzers übermittelt, ohne dass dieser es mitbekommt. DuckDuckGo kann eine Profilbildung über diese Methode vermeiden.

Die Suchmaschine Blekko anonymisiert Anfragen nach nur 48 Stunden, was immer noch deutlich besser ist als bei Google. Dort speichert man Eingaben und anfragende IP-Adressen anderthalb Jahre lang, bevor sie anonymisiert werden – allerdings nur teilweise, damit der Konzern immer noch Datenanalysen betreiben kann.

DuckDuckGo glänzt mit Übersicht und direkten Erklärungen.

Der 2010 gestartete Dienst Blekko setzt auf hochwertige Suchergebnisse ohne Werbemüll und hat laut dem Web-Marktforscher Compete jeden Monat einen festen Stamm von rund 2,31 Millionen Nutzern. Das ist mehr als das Vierfache der Nutzerzahl bei der sogenannten intelligenten Suchmaschine Wolfram Alpha. Noch bedeuten diese Werte aber ein Nischendasein: Laut Compete zählt Google 161 Millionen und Microsofts Bing 122 Millionen Nutzer. 65 Prozent aller Suchanfragen gehen in den USA an Google, 18 Prozent an Bing. Aber unter fortgeschrittenen Usern sprechen sich die neuen Angebote bereits stark herum.

Blekko-Chef Rich Skentra freut sich über den Aufschwung. Funktionen wie "Search Plus Your World" seien etwas, das manche Nutzer von einer Suchmaschine nicht erwarte. "Es ist so, als würde man jeden Morgen eine andere Version der "New York Times" lesen." Deshalb habe Google mittlerweile einen Knopf implementiert, mit dem man die persönlichen Resultate verstecken könne. "Vielleicht waren sie etwas nervös, dass Nutzer die alte Ansicht haben zurückhaben wollen."

Blekko erlaubt das Anlegen von Suchkürzeln.

DuckDuckGo-Gründer Gabriel Weinberg glaubt, dass sich Google mit der Verkomplizierung seines zuvor traditionell zurückgenommenen Looks keinen Gefallen getan habe. Die Einbindung neuer Elemente hätte Nutzer dazu ermutigt, sich anderweitig umzusehen. "Das hat uns definitiv User zugespielt. Die Leute reagierten negativ darauf."

Auch Googles veränderte Datenschutzbedingungen, die seit Februar in Kraft sind und weitläufig umstritten waren, trieben DuckDuckGo und Blekko Nutzer zu. "Vor zwei Jahren interessierte sich niemand für eine gute Privacy Policy, doch in letzter Zeit ist der Schutz der Privatsphäre eine große Sache geworden." Viele Nutzer erzählten ihrer Suchmaschine mehr als ihrem Ehepartner oder ihrem Priester.

Online-Marketing-Experte Mark Ballard vom Analysehaus Rimm-Kaufman meint, die neuen Suchmaschinen könnten von Googles Fehlern profitieren. Es sei also durchaus möglich, dass man Nutzer von dem Suchriesen abziehen könne, wenn man das richtige Produkt anbiete. Noch stellt sich allerdings die Frage der Finanzierung: Weder Blekko noch DuckDuckGo sind derzeit profitabel. Die Nische repräsentiere aber potenziell mehrere Hundert Millionen Dollar, glaubt Ballard. (bsc)