Tapete schirmt WLAN ab

Häusliche WLAN-Netze reichen oft über die eigenen vier Wände hinaus. Französische Forscher haben nun einen virtuellen Sichtschutz aus Spezialpapier entwickelt.

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Häusliche WLAN-Netze reichen oft über die eigenen vier Wände hinaus. Französische Forscher haben nun einen virtuellen Sichtschutz aus Spezialpapier entwickelt.

Forscher am Institut Polytechnique in Grenoble haben in Zusammenarbeit mit dem französischen Papiertechnikzentrum CTP eine Tapete entwickelt, die Betreibern häuslicher WLAN-Netze mehr Privatsphäre verspricht. Beim Aufsetzen solcher Internet-Funknetze begibt man sich potenziell in Gefahr, weil die Signale der eigenen Basisstation selten an der eigenen Wohnungstür enden. Die Online-Aktivitäten werden deutlich weiter gestreut.

Von der Straße, der Nachbarwohnung oder gar dem Nachbarhaus aus ist es daher oft möglich, den Funkverkehr aufzufangen und potenziell zu entziffern. So könnte ein Angreifer beim Surfen mitlesen, E-Mails abfangen und sensible Informationen wie beispielsweise Kreditkartennummern oder Bankdaten klauen. Dagegen setzen die modernen Drahtlosstandards zwar Verschlüsselungsverfahren ein, die die meisten Nutzer mittlerweile aktiviert haben. Doch sind die verwendeten kryptographischen Methoden in den letzten Jahren gleich mehrfach geknackt worden – zunächst das alte WEP-Protokoll, dann wurde auch für den Nachfolgestandard WPA eine Angriffsmöglichkeit entdeckt. Mittlerweile ist man beim verbesserten WPA2 angekommen, das derzeit noch als sicher gilt. Aber auch hieran rütteln Experten bereits.

Die Forscher testeten verschiedene Oberflächenstrukturen.

(Bild: Grenoble INP)

Es wäre daher hilfreich, wenn die Funksignale gar nicht erst aus der eigenen Wohnung dringen würden. Die Sicherheitstapete aus Grenoble basiert auf einem sogenannten Metapapier: Darin enthaltene Muster, die mit einer Silbertinte aufgebracht wurden, sollen dafür sorgen, dass Wellen auf der meistbenutzten WLAN-Frequenz von 2,4 Gigahertz nicht mehr durchdringen und in den Innenraum reflektiert werden. Das macht den internen Empfang – zumindest theoretisch – sogar besser.

Bis zu drei verschiedene Bereiche des Spektrums lassen sich mit dem Metapapier derzeit blockieren – neuere WLAN-Funktechniken, die um 5 Gigahertz arbeiten, wären also ebenfalls abdeckbar. Der große Vorteil des Metapapiers: Da die Muster nur ganz bestimmte Frequenzen blockieren, entsteht kein Faradayscher Käfig. Radio- und Fernsehsignale dringen nach wie vor genauso in die Behausung wie Mobilfunkwellen auf den üblichen Bändern.

Das fertige Papier wird mit speziellen Druckmaschinen hergestellt.

(Bild: Grenoble INP)

Neben der Absicherung des eigenen Heimnetzes könnte das Metapapier auch von WLAN-Hotspot-Betreibern genutzt werden. So könnte ihr lokales Netz auf bestimmte Bereiche wie etwa ein Hotel oder ein Flughafengebäude beschränkt werden, um Nachbarn nicht zu stören. Außerdem lässt das Metapapier auch ein fremdes WLAN nicht hinein. Projektleiter Pierre Lemaitre-Auger will den technischen Schutz deshalb auch Krankenhäusern oder Kinos anbieten, bei denen die Funkwellen aus Sicherheits- oder Gesundheitsgründen blockiert werden sollen.

Der Schutz funktioniert auch, wenn über dem Metapapier noch eine weitere normale Tapete angebracht ist, so dass Innenarchitekten nicht in ihren Gestaltungswünschen eingeschränkt werden. Die Technik lässt sich so unsichtbar anbringen. Preislich soll die Tapete, die auf Rollen produziert und ausgeliefert wird, nicht teurer sein als regulärer Wandbehang im mittleren Preissegment. Das finnische Unternehmen Ahlstrom hat sich mittlerweile die Rechte gesichert und will das Metapapier noch 2013 auf den Markt bringen.

Die fertige Sicherheitstapete.

(Bild: Grenoble INP)

Derzeit gibt es allerdings noch ein wichtiges Problem: Damit das heimische WLAN wirklich im Haus bleibt, müssen nicht nur Wände mit der Strahlenschutztapete versehen werden, sondern auch Böden, Decken, Türen und zur perfekten Abdichtung sogar Fenster. Für letztere müsste die Technik zunächst transparent gemacht werden; für den Innenausbau ließe sich das Metapapier aber beispielsweise in Gipsplatten integrieren.

Bei diesem Aufwand und den damit verbundenen Kosten stellt sich dann allerdings die Frage, ob man dann nicht lieber gleich auf ein kabelgebundenes Netz setzt, das sich von außen nicht so einfach anzapfen lässt. Aber auf die Bequemlichkeit der Drahtlostechnik will heute kaum ein Nutzer mehr verzichten. (bsc)