WIPO-Länder schließen neuen Urheberrechtsvertrag

Die Mitglieder der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) haben sich auf einen neuen Vertrag geeinigt, der Darstellern das Recht einräumt, über die audiovisuelle Verwertung ihrer Darbietungen zu entscheiden.

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Die Mitglieder der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) haben sich auf einen besseren Schutz audiovisueller Aufführungen geeinigt, der sich unter anderem auf Rundfunkübertragungen und Webcasts bezieht. Der am Dienstag in Peking geschlossen Vertrag (PDF-Datei) ist das erste internationale Abkommen im Urheberrechtsbereich, auf das sich die 156 WIPO-Mitglieder seit über 15 Jahren einigen konnten.

Die Übereinkunft gibt Darstellern in audiovisuellen Aufführung das Recht, 50 Jahre lang ausschließlich über die Nutzung seines Werks bestimmen zu können. Dies schließt Reproduktionen, Vertrieb und Verleih ein. Auch für Wiedergaberechte im Rundfunk und in sonstigen "an die Öffentlichkeit gerichteten Kommunikationsformen" soll der exklusive Anspruch gelten.

Ausnahmen in der nationalen Gesetzgebung dürfen nicht weitergehen als im Bereich des Urheberrechtsschutzes für literarische und andere künstlerische Gattungen. Für die angemessene Vergütung öffentlicher Aufführungen etwa im Fernsehen oder Internet dürfen Mitgliedsstaaten etwa eine Verwertungsgesellschaft einsetzen.

Die Vertragsparteien werden angehalten, dem Umgehen von Kopierschutztechnik (DRM) mit rechtlichen Vorkehrungen entgegenzuwirken. Diese Auflage ergänzt vergleichbare Bestimmungen aus den sogenannten Internet-Verträgen der WIPO von 1996, in denen es vor allem um Musikaufnahmen ging. Audiovisuelle Darbietungen wurden davon nur teils erfasst.

Die Verhandlungen für den neuen Vertrag hatten bereits im Jahr 2000 begonnen und lagen zwischenzeitlich mehrere Jahre Eis. Bürgerrechtler und andere Interessengruppen hatten davor gewarnt, dass Vorhaben den Zugang zu eigentlich frei verfügbaren Werken einschränken sowie die Freiheit vor allem im Internet gefährden könnte.

WIPO-Generaldirektor Francis Gurry sprach von einem "wichtigen Meilenstein", um Lücken im internationalen Copyright-System zu schließen. Die Weltorganisation war von führenden Industriestaaten, die für den strikten Schutz des geistigen Eigentums eintreten, in letzter Zeit mehrfach umgangen worden, etwa bei dem umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommens ACTA.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier begrüßte den Vertragsaschluss ebenfalls. Liu Qi, Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, bezeichnete das Abkommen als "Stolz von Peking". Die chinesische Hauptstadt solle künftig für den "Respekt vor geistigem Eigentum" stehen.

Die bisherigen Unterzeichnungen der Übereinkunft gelten als Absichtserklärungen. In Kraft tritt der Vertrag, wenn er von mindestens 30 berechtigten Parteien ratifiziert worden ist. Dazu gehören neben den Mitgliedsstaaten auch zivilgesellschaftliche Organisationen. Länder, die ein WIPO-Papier unterstützen, unterzeichnen es in der Regel kurz nach seiner Annahme. Sie ratifizieren einen Vertrag dann in einem zweiten Schritt, wenn er die heimischen rechtlichen und gesetzgeberischen Verfahren erfolgreich durchlaufen hat. (vbr)