Geldregen für die offene Spielekonsole Ouya

Gleich am ersten Tag seiner Crowdfunding-Initiative auf Kickstarter konnte das Ouya-Projekt bereits über zwei Millionen US-Dollar für die Entwicklung einer 99-Dollar-Spielekonsole auf Android-Basis auftreiben – mehr als doppelt so viel wie erhofft.

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Außer einigen stylischen Fotos und einer rudimentären Beschreibung der Hardware verrät Ouya nicht viel über ihre Android-Konsole, die bereits im März auf den Markt kommen soll.

(Bild: Ouya)

Die Crowdfunding-Initiative läuft noch keine 24 Stunden, da hat das Ouya-Projekt sein Finanzierungsziel von 950.000 US-Dollar für die Entwicklung und die Fertigung einer offenen Spielekonsole bereits erreicht. Bereits am ersten Tag haben über 20.000 Unterstützer mehr als 2,5 Millionen US-Dollar für die Entwicklung der Konsole angeboten. Überrascht vom eigenen Erfolg will das Ouya-Projekt nun weitere Entwicklungsziele definieren und die verbleibenden vier Wochen der Crowdfunding-Initiative dazu nutzen, noch mehr Investoren zu gewinnen.

Die Projektverantwortlichen wollen eine traditionelle Spielekonsole zum Anschluss an den Fernseher entwickeln und bereits im März 2013 auf den Markt bringen, als Verkaufspreis sind 99 US-Dollar angepeilt – bei einer durchaus ansehnlichen Hardware-Ausstattung: Ein Tegra3 Quad-Core-Prozessor von Nvidia, 1 GByte RAM, 8 GByte Flash-Speicher, WLAN (802.11 b/g/n), USB-2.0-Port, Bluetooth. Das Fernsehgerät soll per HDMI angeschlossen werden; die Spielkonsole soll Auflösungen bis 1080p unterstützen.

Das kabellose Gamepad wird über Bluetooth angebunden. Dessen Besonderheit ist ein Touchpad, über das sich offenbar Android-Apps steuern lassen sollen, die normalerweise über den Touch-Screen eines Smartphones bedient werden. Ouya will neben normalen Andorid-Apps jedoch auch eigene Spiele auf ihre Plattform bringen, die für die Bedienung mit dem Gamepad ausgelegt sind.

Im Unterschied zu Spielkonsolen von Nintendo, Microsoft und Sony soll die Ouya ohne DRM auskommen und über das Android SDK frei programmierbar sein. Spiele sollen nach dem Free-to-Play-Modell vermarktet werden. Die Hersteller veröffentlichen zunächst eine kostenlose Version und verkaufen dann weitere Spielgegenstände in der App. Ouya nimmt branchenüblich 30 Prozent von den Umsätzen ein.

Um Spieleentwicklern die Arbeit zu vereinfachen, soll ein Linux-Betriebssystem auf Basis von Android 4.0 eingesetzt werden, wobei sowohl Entwickler als auch Anwender vollen Root-Zugriff auf das Gerät erhalten sollen. Zudem soll sich die Ouya-Konsole für Basteleien leicht öffnen lassen, Spezialschrauben sollen bei dem offenen Hardware-Design nicht genutzt werden.

Geleitet wird das Ouya-Projekt von Julie Uhrmann, die von 2003 bis 2005 für Vivendi Universal Spiele entwickelte, später für IGN und den Spiele-Download-Dienst Gamefly tätig war. Für das Design der Konsole ist Yves Behar von Fuseproject zuständig, der zuvor an dem One Laptop per Child (OLPC) und der Jambox gearbeitet hat. Zudem soll sich Muffi Ghadiali an der Entwicklung der Ouya-Konsole beteiligen, der bei Amazon am Kindle mitarbeitete sowie Amol Sarva, der an der Entwicklung des Mobile Internet Device Peek beteiligt war.

Als Unterstützer listet Ouya einige bekanntere Indie-Entwickler sowie den früheren Xbox-Vize-Präsidenten Ed Fries auf. Dieser hatte Microsoft vor acht Jahren verlassen und seitdem diverse Startups aus Nischenbereichen der Spielebranche betreut, darunter den Physik-Chip-Produzenten Ageia, den Anbieter von Gehirnwellen-Controllern Emotiv Systems und eine Firma namens FigurePrints, die World-of-Warcraft-Figuren herstellt.

Weitere Details zu Ouya bleiben allerdings im Dunkeln. So existiert keine offizielle Webseite der Firma. Auf der Kickstarter-Seite finden sich keinerlei Angaben zu einer Firmenadresse oder der Größe des Mitarbeiter-Stabes. Die Unterstützter von Kickstarter wissen somit faktisch nicht, ob sie ihr Geld einem real existierenden Unternehmen oder einer Briefkastenfirma geben.

Auch die Konzeption der Konsole enthält diverse Ungereimtheiten. So scheint der geplante Veröffentlichungstermin "März 2013" überaus ambitioniert. Für gewöhnlich benötigen Hersteller etwa zwei Jahre Vorlaufzeit, um ein Spiel für eine neue Hardware zu entwickeln. Die Ouya-Konsole soll hingegen bereits acht Monate nach ihrer ersten Ankündigung auf den Markt kommen. Realistisch für diesen Zeitrahmen wären lediglich einige Portierungen von bestehenden Android-Spielen, die um eine Controller-Steuerung erweitert werden, wie sie NVidia im Tegra-3-Chip bereits vorsieht. Gewagt erscheint zudem die Steuerung eines Touchscreen-Spiels über ein Touch-Pad, während der Blick zum Fernseher gerichtet ist. Hier dürfte es äußerst schwierig werden, mit dem Finger die richtigen Punkte zu treffen.

Die Entwicklerseite Gamasutra bemängelt, dass noch völlig unklar sei, ob und wie die Firma Ouya-Spiele zu zertifizieren gedenkt. Sollte es keinerlei Qualitätskontrolle geben, so droht eine Flut fehlerhafter Billig-Spiele, wie man sie in Googles Play Store antrifft. Auch die Historie der beteiligten Entwickler weckt manche Zweifel: So war Behars OLPC Ende 2007 mit deutlicher Verspätung erst rund zwei Jahre nach der ersten Ankündigung erschienen. Der ursprünglich geplante Preis von 100 US-Dollar hatte sich bis dahin verdoppelt. (mid)