ITU beweist wenig Mut zur Öffnung

Die internationale Fernmeldeunion veröffentlicht den bereits geleakten Entwurf für einen neuen Telekommunkations-Regulierungsrahmen und will damit mehr Transparenz beweisen. Andere Dokumente sollen dagegen geheim bleiben.

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Von
  • Monika Ermert

Die Internationale Fernmeldeunion (ITU) wird den umstrittenen und bereits geleakten Entwurf für den geplanten Regulierungsrahmen International Telecommunication Regulations (ITR) nun auch offiziell veröffentlichen. Darauf einigten sich die Mitglieder des ITU-Rats auf ihrem Treffen am Mittwoch in Genf. Doch die Novellierungsvorschläge aus den Mitgliedsländern und weitere vorbereitende Dokumente für die Vertragskonferenz im Dezember (WCIT12) sollen geheim bleiben.

"Wir sind nicht glücklich über das Ergebnis", kommentierte der schwedische Ratsvertreter, Anders Jonsson, die Entscheidung gegenüber heise online. Die schwedische Delegation hatte sich für eine Öffnung der ITU stark gemacht, war aber insbesondere am Widerstand Russlands, Saudi Arabiens und des Gastgebers der Dezemberkonferenz, den Vereinigten Arabischen Emiraten, gescheitert.

Die neuen ITR sollen Regeln für den reibungslosen Austausch – und die Abrechnung – von Telefon- und Datenverkehren aufstellen, aber auch Maßnahmen für mehr Sicherheit in den Netzen. Kritiker sehen in den Vorschlägen einzelner Länder den Versuch, über den Umweg der ITU internetpolitische Ziele durchzusetzen.

ITU-Generalsekretär Hamadoun Touré hatte selbst zunächst für mehr Transparenz geworben. Touré verwies dabei auf die intransparenten Verhandlungen zu ACTA, die wesentlich zum Scheitern des Abkommens in Europa beigetragen hätten. Doch die Angst, sich mit dem "ACTA-Virus" zu infizieren, war offenbar bei vielen Ländern nicht groß. Denn am Ende beschloss der Rat nur den bereinigten Entwurf der ITR (das sogenannte TD64) zu veröffentlichen.

"Ein Schritt in die richtige Richtung", gibt sich Jonsson anschließend diplomatisch. Es sei aber wichtig, neue Regeln insbesondere für das Internet mit einer möglichst breiten Öffentlichkeit zu diskutieren. Schweden hatte sich für eine Öffnung der seit längerem arbeitenden Arbeitsgruppe Internetpolitik ausgesprochen – allerdings auch ohne Erfolg. Selbst die Einrichtung einer formellen Arbeitsgruppe, die bis zur nächsten Ratssitzung die Frage des Zugangs zu Dokumenten diskutieren soll, wurde von Russland und den arabischen Staaten verhindert.

Aus Sicht der Kritiker des Verhandlungsprozesses dürfte die Veröffentlichung von TD64 eher als Kosmetik erscheinen, zumal das Dokument längst auf verschiedenen Webseiten veröffentlicht wurde. Zwar verspricht die ITU nun die Publikation der jeweils aktuellen autoritativen Fassung. Erster Anlaufpunkt für die interessierte Öffentlichkeit dürfte nach diesem Schritt jedoch weiter die Seite wcitleaks bleiben. Dort sind auch einzelne nationale Vorschläge zu bekommen. (vbr)