BGH: Filehoster haften unter Umständen für Rechtsverletzungen

Filehoster können für Urheberrechtsverletzungen haftbar gemacht werden. Zu den Voraussetzungen zählt, dass der Hoster zuvor auf gleichartige Verstöße hingewiesen wurde, schrieb der BGH nun Rapidshare ins Stammbuch.

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Speicherplattformen wie Rapidshare können unter bestimmten Bedingungen für Urheberrechtsverletzungen beim Abruf gespeicherter Dateien mit verantwortlich gemacht werden. Voraussetzung sei, dass das Unternehmen zuvor auf gleichartige Rechtsverletzungen hingewiesen wurde und zumutbare Schritte zur Vermeidung neuer Verstöße unterlassen hat. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Donnerstagabend verkündeten Urteil. Die Richter verwiesen einen Streit zwischen dem Filehoster Rapidshare und der Computerspiel-Firma Atari laut dpa zurück an die Vorinstanz. Diese hatte Rapidshare Recht gegeben (Az. I ZR 18/11).

In dem Rechtsstreit geht es um die unerlaubte Verbreitung des Computerspiels "Alone in the Dark" über Server des Filehosters. Rapidshare hatte eine Kopie auf Hinweis des Rechteinhabers gelöscht. Atari Europe wollte Rapidshare auf dem Klageweg zwingen, mehr gegen die Verteilung weiterer Kopien zu unternehmen und war damit in der ersten Instanz auch erfolgreich. Das Landgericht Düsseldorf gab der Klage im März 2010 statt und befand, Rapidshare habe seine Prüfpflichten verletzt und könne sich nicht auf das Haftungsprivileg für Hoster berufen.

Mit der Feststellung, dass Rapidshare selbst keine Urheberrechtsverletzung anzulasten sei, hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf das Urteil der Vorinstanz im Dezember 2010 wieder aufgehoben. Das OLG attestierte Rapidshare, ausreichende Vorkehrungen gegen die illegale Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials ergriffen zu haben. Die von Atari geforderten weiterreichenden Maßnahmen seien dem Unternehmen nicht zuzumuten. So könnten Wortfilter, die Dateien anhand bestimmter Schlüsselbegriffe aufspüren und löschen, auch legale Inhalte treffen. Bei einer manuellen Überprüfung stehe der Erfolg in keinem Verhältnis zum Aufwand (Az. I-20 U 59/10).

Im Laufe der Verhandlung vor dem BGH am Donnerstag argumentierte der Atari-Anwalt, Rapidshare könne problemlos überprüfen, ob Kopien des Spiels auf der Plattform gespeichert seien. Der Vertreter von Rapidshare hielt dem entgegen, das Unternehmen stelle nur die technischen Dienstleistungen der Speicherung und des Transfers von Daten zur Verfügung. "Wie soll Rapidshare ausschließen, dass der Nutzer nicht nur eine Sicherungskopie angelegt hat?" Dies schien BGH-Richter Wolfgang Kirchhoff nicht zu überzeugen: "Der Dienst heißt nun mal Rapidshare und nicht Rapidstore – und das sagt schon alles."

Das OLG Düsseldorf war mit seinem Urteil auf der Linie geblieben, der es auch in anderen Verfahren gegen das Unternehmen gefolgt war. Andere Oberlandesgerichte hatten dem umstrittenen Filehoster auch weiter reichende Prüfpflichten auferlegt. So hatte das OLG Hamburg in einem Aufsehen erregenden Urteil festgestellt, das Geschäftsmodell des Hosters verdiene nicht den "Schutz der Rechtsordnung".

Update 12.7.2012, 21.20 Uhr:

Der BGH hat das Urteil des OLG aufgehoben. Der Filehoster sei nicht selbst Täter der Rechtsverletzung, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Bornkamm laut dpa bei der Urteilsverkündung am Donnerstagabend. Beim Filehosting handele es sich grundsätzlich um ein "anerkanntes Geschäftsmodell", für das es "viele legale Nutzungsmöglichkeiten" gebe. Wenn der Plattformanbieter jedoch Hinweise auf Rechtsverletzungen erhält, müsse er – beispielsweise mit einem technischen Filter – überprüfen, ob künftig entsprechende Dateien neu hochgeladen werden.

Darüber hinaus müsse er auch "den Bestand daraufhin untersuchen, ob von anderen Nutzern das Spiel auf die Plattform gestellt worden ist", sagte Bornkamm. Wenn es Hinweise gibt, dass bestimmte Dateien unter anderem Namen zum Download angeboten werden – etwa in Linksammlungen – müsse Rapidshare auch dieser Möglichkeit nachgehen. Wenn der Speicheranbieter diesen Pflichten nicht nachkommt, könne er als sogenannter Störer zur Unterlassung verurteilt werden.

Voraussetzung sei allerdings stets, dass die Maßnahmen für das Unternehmen zumutbar seien, betonte Bornkamm. Mit der Frage der Zumutbarkeit muss sich jetzt das OLG Düsseldorf noch einmal beschäftigen, an den der BGH das Verfahren zurückverwies. Dort könnte Rapidshare nun noch Argumente vorbringen, falls es einzelne Prüfpflichten für unzumutbar hält. (vbr)