Entwurf für erweiterte Schutzrechte der Rundfunkanbieter umstritten

Der Broadcasting Treaty soll Rundfunkunternehmen ein eigenes Schutzrecht an den von ihnen ausgestrahlten Programmen gewähren. Dabei kommen sich Befürworter und Gegner ausgedehnter Schutzrechte in die Wolle.

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Von
  • Monika Ermert

Ein international verankertes Leistungsschutzrecht für Rundfunkanbieter – der so genannte Broadcasting Treaty – sorgt erneut für hitzige Debatten in der World Intellectual Property Organisation (WIPO). Während des laufenden Treffens des Ständigen Ausschuss für Urheber- und verwandte Rechte in Genf stehen Befürworter eines auf Internetübertragungen ausgedehnten Schutzrechts Kritikern gegenüber, die den Vertrag strikt auf klassische Übertragungswege beschränken möchten.

Der 2007 schon einmal beerdigte Broadcasting Treaty soll Rundfunkunternehmen ein eigenes Schutzrecht an den von ihnen ausgestrahlten verschlüsselten oder unverschlüsselten Programmen gewähren. Unberührt blieben die Rechte der Urheber, sofern es Inhalte Dritter sind. Der Rundfunksektor hofft, Piraterie einfacher verfolgen zu können, auch ohne dass die jeweiligen Rechteinhaber selbst tätig werden. Überdies könnten die Unternehmen den gesamten "Stream" schützen, also die Darbietung der selbst produzierten und auch der zugekauften Inhalte. Vergleichbar ist der Broadcasting Treaty damit auch den Schutzrechten für Datenbanken, die durch Zusammenstellung oder Gestaltung gesetzlich selbst als schöpferische Leistung anerkannt werden können.

Japan schlägt vor (PDF-Datei), den Schutz auf den klassischen Rundfunk zu beschränken und nicht das Internet einzubeziehen. Mexiko und Südafrika halten dem entgegen, wenn Internetübertragungen nicht mit einbezogen würden, würde das eigentliche Problem vernachlässigt. Sie befürworten einen mit mehreren Ländern abgestimmten Alternativentwurf (PDF-Datei), der auf einer Initiative Japans basiert. Beide Vertragsvorschläge enthalten ein Recht, das Knacken technischer Schutzmassnahmen zu verfolgen.

Die Vertreterin der USA meinte, einen Broadcasting Treaty ohne Einbeziehung neuer Technik brauche im 21. Jahrhundert gar nicht erst abgeschlossen zu werden. Regierungen, die zunächst nur klassische Rundfunkunternehmen, nicht aber neue, alternative Anbieter mit dem Schutzrecht ausstatten wollten, müssten doch mindestens daran interessiert sein, dass die klassischen Sender davor geschützt werden, dass ihre geklauten Signale skrupellos über das Internet weiter verbreitet werden. Die Frage, ob Webcaster neben klassischen Rundfunkanbietern und Kabelnetzbetreibern zu den neuen Rechteinhabern gehören sollen, hatte bereits in den vergangenen Runden für Zerwürfnisse in der WIPO gesorgt.

Widerstand gegen den Broadcasting Treaty leisten aber auch klassische Rechteinhaber, so zum Beispiel aus Indien: Die indische Musik- und Filmindustrie sei völlig dagegen, dass die Sender eigene Rechte überlagernde Ansprüche erhalten sollen. Dass die verschiedenen Ansprüche nicht leicht abzugrenzen sind, zeigt auch die Debatte über die Schutzfristen. Wenn wirklich nur das Übertragungssignal geschützt werden solle, bedürfe es nicht zwangsläufig längerer Schutzfristen von 20 oder 50 Jahren, sagen Befürworter eines abgespeckten Vertrags.

In den Verhandlungen in Genf wird auch zäh darum gerungen, welcher der insgesamt vier vorgeschlagenen neuen Völkerrechtsverträge das nächste Ticket für eine diplomatische Konferenz bekommt. Die Staaten, die sich für die hart erkämpfte entwicklungspolitische Agenda der WIPO stark machen, sehen nach der beständigen Ausweitung von Schutzrechten den Bedarf an Schrankenregelungen jetzt als vorrangig an. Ein US-Vertreter wies Vorwürfe zurück, dass eine internationale Schrankenregelung zugunsten von Blinden als Verhandlungsmasse genutzt wird, um den Broadcasting Treaty gleichzeitig abzulehnen. (anw)