Chipmuster für 60-GHz-WLAN rollen an

Nach Atheros will nun auch Marvell Bausteine für die mehrere Gigabit/s schnelle WLAN-Technik IEEE 802.11ad liefern. Andere WLAN-Chiphersteller halten sich dazu noch bedeckt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 44 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Nachdem die ersten Router für das bei 5 GHz funkende, derzeit bis zu 1,3 GBit/s brutto schnelle WLAN nach IEEE 802.11ac erschienen sind, kündigt sich nun die erste Hardware für die nächste Ausbaustufe an: IEEE 802.11ad, auch als "WiGig" bezeichnet, soll bei 60 GHz funken und in einem 2 GHz breiten Kanal brutto bis zu 7 GBit/s übertragen. Als reiner Zimmerfunker wird 11ad vorwiegend für Punkt-zu-Punkt-Verbindungen im Adhoc-Modus dienen, beispielsweise um HD-Videos vom Notebook auf den Fernseher zu streamen.

Gestern kündigte nun der Chiphersteller Marvell an, in Zusammenarbeit mit Wilocity seinen ersten 3-Band-Chipsatz herausbringen zu wollen. Marvells Bausteine sind dabei für die gewohnten WLAN-Bänder 2,4 und 5 GHz zuständig (802.11n oder 802.11ac), der Wilocity-Chip wird das 60-GHz-Band (802.11ad) bedienen. Welche Datenrate der als wPCIE-Lösung (Wireless PCI Express) entwickelte Baustein erreichen soll, verrät Wilocity nicht. Damit eine PCIe-1.0-Lane ohne Verluste durchgeht, müssten es mindestens 2 GBit/s netto sein.

Marvells Konkurrent Atheros – inzwischen ein Geschäftsbereich von Qualcomm – ist für den gleichen Zweck ebenfalls eine Kooperation mit Wilocity eingegangen, aber schon etwas weiter fortgeschritten: Hardware-Entwickler erhalten bereits Muster eines im letzten Frühjahr vorgestellten Kombimoduls, auf dem die Bausteine AR9462 (802.11n-300 dualband, Bluetooth 4.0) und Wil6120 Dienst tun. Wilocity erwartet deshalb, dass Notebook- und Peripheriehersteller noch dieses Jahr erste Produkte mit 11ad ankündigen.

Andere Chiphersteller wie Broadcom, Intel und Mediatek arbeiten zwar am Standard mit, haben aber bisher noch nichts zu ihren 802.11ad-Plänen verlauten lassen. Die neben Wilocity an 11ad-Chips arbeitenden Firmen Beam Networks und Peraso Technologies wollen in den nächsten Monaten konkrete Produkte ankündigen. Beam Networks will 4,5 GBit/s brutto erreichen, Peraso macht keine näheren Angaben.

802.11ad wird nicht nur zum reinen Videostreamen dienen: Die Standardentwickler kooperieren mit anderen Arbeitsgruppen, um beispielsweise auch PCIe, USB, HDMI und DisplayPort transparent über 11ad zu übertragen. So wird der 60-GHz-Funk zur drahtlosen Docking-Station-Anbindung. Den Einsatz als Patchkabel-Ersatz für die drahtlose LAN-Anbindung von Notebooks sollte man aber nicht von vornherein ausschließen, denn 11ad wird einen noch weitgehend freien Teil des Funkspektrums nutzen. Weil es zudem keine Rücksicht auf bestehende WLANs nehmen muss, konnten die Standardentwickler auch das Zugriffsprotokoll optimieren. Deshalb wird 11ad ein deutlich besseres Brutto/Netto-Verhältnis als 11n und 11ac erreichen.

Den Konkurrenztechniken WirelessHD und WHDI dürfte dagegen mittelfristig ein Nischendasein als "drahtloses Videokabel" beschieden sein. Insofern hat sich der Schachzug der WiGig-Allianz ausgezahlt: Sie stellte 2009 ihren Entwurf für die PHY-Schnittstelle der IEEE-Arbeitsgruppe TGad als Basis für 802.11ad zur Verfügung. Nach gegenwärtiger Planung soll 802.11ad im Dezember als Standard verabschiedet werden.

Technisch Interessierten liefert ein PDF-Dokument von Agilent nach Registrierung Details zum 60-GHz-Band, der internationalen Frequenzzuteilung und der PHY-Ebene von 802.11ad ("Wireless LAN at 60 GHz – IEEE 802.11ad Explained"). (ea)