Bangladesch verbietet nächtliche Gratis-Telefonie

Die Behörden in Bangladesh, wo der Mobilfunkmarkt boomt, befürchten einen Sittenverfall durch kostenloses Liebesgeflüster unter Jugendlichen.

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Die Regulierungsbehörde von Bangladesch (BTRC) hat den fünf Mobilfunk-Netzbetreibern des Landes befohlen, Angebote kostenloser Telefongespräche nach Mitternacht sofort einzustellen. Dies soll "die junge Generation vor dem Verfall moralischer Werte schützen". Vorangegangen waren Proteste konservativer Eltern, die in den Offerten die Ursache unerwünschter romantischer Beziehungen zwischen Jugendlichen sehen. Medien des Landes zitieren einen Sprecher der Behörde: "Die Angebote kostenloser Telefongespräche gehen nicht konform mit den Werten und der Kultur des Landes. Sie haben schlechte Auswirkungen auf junge Menschen und fördern romantische Beziehungen zwischen den Geschlechtern, was normalerweise von unserer muslimisch geprägten Gesellschaft abgelehnt wird."

Auch der Geheimdienst soll mit diesen Argumenten auf das Ende der von zwei der fünf Netzbetreiber (GrameenPhone und CityCell) angebotenen Tarife gedrängt haben. "Die Begründung des Verbots ist lächerlich", sagte eine Sprecherin der Telenor-Tochter GrameenPhone. "Wenn die Regierung das macht, sollen sie auch alle Restaurants, Fast-Food-Anbieter und Universitäten mit derselben Begründung verbieten." CityCell sieht den Wettbewerb gefährdet.

Im Sommer hatte in Bangladesch (über 138 Millionen Einwohner) eine neue Steuer auf SIM-Karten für Ärger unter den damals 5,4 Millionen Usern des Landes gesorgt. Die Steuer wurde schließlich um ein Viertel reduziert. Heute liegt die Zahl der Mobilfunk-Nutzer bereits über 10 Millionen. Grameen ist der größte Anbieter und hat Ende 2005 in 40 Tage eine Million neuer Kunden gewonnen. Ein sechster Netzbetreiber soll in etwa neun Monaten den Betrieb aufnehmen. (Daniel AJ Sokolov) / (ad)