Cookies - eine Überwachungstechnik?

Aufgrund des Fehlens von Datenschutzgesetzen greift ein Rechtsanwalt für eine Sammelklage in Höhe von 50 Milliarden Dollar auf ein Stalking-Gesetz in Texas zurück.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Nachdem sich die US-Regierung auf Druck der Privatwirtschaft bislang weitgehend enthalten hat, für Datenschutz im Internet zu sorgen, und diesen der Selbstorganisation der Unternehmen, d.h. dem Markt, überlassen will, ist ein Rechtsanwalt vielleicht jetzt fündig geworden, wie man die Firmen unter Druck setzen könnte. Er hat am 8. Februar, wie die New York Times berichtet, eine Sammelklage gegen Yahoo wegen der Verwendung von Cookies zum Sammeln von persönlichen Informationen bei einem texanischen Gericht eingereicht. Kreativ ist vor allem die Grundlage der Klage: Das Setzen von Cookies wird als Belästigung (Stalking) bezeichnet, was nach texanischem Recht bestraft werden kann

Belästigung oder Stalking liegt dann vor, wenn jemand einem anderen Menschen wiederholt nachstellt, und er weiß, dass die andere Person dies als Bedrohung verstehen muss. Eine "vernünftige" Person muss fürchten, dass der Stalker ihn oder ein Familienmitglied mit körperlicher Gewalt oder mit Tod bedroht. Sie könnte aber auch fürchten, dass der Täter etwas gegen sein Eigentum plant. Genau das wirft der Rechtsanwalt Lawrence Friedman Yahoo und Broadcast.com vor. Cookies seien mit einer Überwachung zu vergleichen, die Internetbenutzer ohne deren ausdrücklicher Zustimmung verfolge. Cookies ermöglichen es Yahoo, "die Gewohnheiten, Neigungen, Vorlieben und Geschmacksrichtungen" der Besucher der Website "zu beobachten, auszuspähen und zu überwachen". Es könnten auch identifizierte Personen ohne deren Kenntnis überwacht werden. Überdies ziehe Yahoo aus der Sammlung vertraulicher Daten einen unrechtmäßigen finanziellen Gewinn.

Bei der Klage geht es um beträchtliche Geldsummen. Klägerin ist eine Texanerin, doch in der Sammelklage werden mehr als 50 Milliarden Dollar Strafe für die 50 Millionen amerikanischen Benutzer von Yahoo gefordert. Auch von anderer Seite geraten die Online-Unternehmen unter Druck. So hat die Federal Trade Commission nach der Beschwerde des Electronic Privacy Information Center eine Untersuchung der Praktiken von DoubleClick, der weltweit größten Internet-Werbeagentur, begonnen. Bislang liegen mindestens sechs Klagen gegen das Unternehmen vor, und auch die Bundesstaaten New York und Michigan haben bereits eine Klage eingereicht (s.a. DoubleClick kontert mit Privacy-Offensive). Aufgrund der Klagen verloren die Wertpapiere von DoubleClick bereits 15 Prozent ihres Werts.

Im Fall der Klage in Texas verweist der Rechtsanwalt darauf, dass das Setzen von Cookies eine direkte Bedrohung für das Eigentum eines Computernutzers sei, weil das Cookie auf der Festplatte des Benutzers abgespeichert wird und ohne Genehmigung Speicherplatz in Beschlag nimmt. Das sei mit einem Diebstahl vergleichbar. Yahoo weist die Beschuldigungen zurück und erklärt, dass keine Cookies auf die Festplatte gesetzt, sondern lediglich mit dem Browser verbunden werden.

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