US-Kritik am Überwachungsstaat zum Martin Luther King Day

Der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore betonte, dass der Kampf gegen Terrorismus mit aller Entschiedenheit geführt werden müsse. Er rechtfertige jedoch nicht den Umbau der USA zu einem Spitzelstaat.

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Von
  • Detlef Borchers

In seiner Rede zum Martin Luther King Day vor der American Constitution Society hat der ehemalige amerikanische Vizepräsident Al Gore scharfe Kritik an US-Präsident George W. Bush geübt. Gore, der in den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000 von Bush geschlagen wurde, verglich die illegalen Abhör- und Überwachungsmaßnahmen, mit denen das FBI Martin Luther King verfolgte, mit Aktionen der Bush-Regierung. In der mehrfach von stürmischen Beifall unterbrochenen Rede beschuldigte Gore den Präsidenten, den 1978 verabschiedeten "Foreign Intelligence Surveillance Act" gebrochen zu haben, der das Abhören von US-Bürgern ohne richterliche Erlaubnis verbietet. "Ein Präsident, der das Gesetz bricht, ist eine Gefahr für unser Regierungssystem", erklärte Gore und legte Bush den Rücktritt nahe. Außerdem forderte Gore den Kongress auf, Verantwortung zu übernehmen und den Generalstaatsanwalt Alberto Gonzales mit einer Untersuchung der aktuellen Überwachungspraktiken zu beauftragen.

Ausgangspunkt von Gores Philippika waren die Aktionen des FBI gegen Martin Luther King Jr., der von der Zentralpolizei als "gefährlichster Neger des Landes" eingeschätzt wurde, "der zum Stillschweigen gebracht werden muss". Martin Luther King wurde (siehe den Wikpedia-Abschnitt King und das FBI) mit den damals modernsten elektronischen Mitteln überwacht, woran auch die militärischen Geheimdienste beteiligt waren. Heute seien die Amerikaner geschockt, in welchem Ausmaß Telefongespräche, E-Mails und anderer Internetverkehr im Innern Amerikas belauscht werden, ohne dass es dafür eine gesetzliche Grundlage gebe, so Gore. Besonders die Rolle der National Security Agency (NSA) bezeichnete Gore als dubios: "Gegenwärtig gibt es noch viel zu lernen über die Überwachung, die die NSA im Innern durchführt. Aber was wir jetzt über dieses allgegenwärtige Abhören wissen, zwingt geradezu zu der Schlussfolgerung, dass der Präsident der Vereinigten Staaten das Gesetz wiederholt und beharrlich gebrochen hat."

Gore betonte, dass der Kampf gegen Terrorismus mit aller Entschiedenheit geführt werden müsse. Er rechtfertige jedoch nicht den Umbau der USA zu einem Spitzelstaat. Außerdem kritisierte Gore die bisher erbrachten Ermittlungsergebnisse. Er verglich dabei die offizielle US-Position einer unmittelbaren direkten Verbindung zwischen Osama bin Laden und Saddam Hussein mit der vom FBI aufgestellten These einer direkten Verbindung von Martin Luther King mit den Kommunisten. Er appellierte an einen neuen Verfassungsgeist, der mit dem Klima der Unterstellungen und Bespitzelungen Schluss macht. (Detlef Borchers) / (jk)