CleanIT: Europa zwischen Internet-Freiheit und Terrorbekämpfung

Die CleanIT getaufte EU-Initiative, die terroristische Aktivitäten im Netz aufdecken und unterbinden soll, hat neue Vorschläge vorgelegt, die bis zum Herbst in einen Maßnahmenkatalog münden sollen.

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Das Koordinationsbüro der Initiative CleanIT, die sich gegen die Nutzung des Internets durch Terroristen stark macht, hat einen neuen Entwurf (Word-Dokument) für einen Maßnahmenkatalog veröffentlicht. Dieser ist nun stärker auf ihr eigentliches Ziel, die Terrorbekämpfung, ausgerichtet, ein Vorgehen gegen Copyright-Verletzungen oder Kinderpornographie sind nicht länger Teil des des von der EU-Kommission geförderten Projekts. Aber CleanIT verfolgt weiterhin die Entwicklung leicht zu bedienender Meldesysteme, mit der User auf illegale Inhalte mit einem Mausklick oder bei eine Hotline hinweisen können.

Ferner werden die Verantwortlichkeiten von Inhalteanbietern neu umrissen. Es sei nicht deren Hauptaufgabe, den Missbrauch ihrer Dienste etwa für die Verbreitung von Hasspropaganda oder Aufrufen zu Anschlägen zu verhindern, heißt es in dem überarbeiteten Papier. Viele Online-Anbieter seien aber bereit, das Vorhaben zu unterstützen. Dazu sei es wichtig, dass die Provider und andere Diensteanbieter in ihren Geschäftsbedingungen die rechtswidrigen terroristischen Aktivitäten im Netz ausdrücklich untersagen. Nur dann könne einschlägiges Material leicht vom Netz genommen werden.

Den Einsatz automatischer Erkennungssysteme für verdächtige Inhalte wollen die Projektpartner, zu denen außer den Niederländern Vertreter von Justiz- und Innenministerien Deutschlands, Großbritanniens, Belgiens und Spaniens sowie Europol gehören, nach wie vor nicht ausschließen. Entsprechende Verfahren, die in der Regel auf die Durchleuchtung des gesamten Internetverkehrs mithilfe von Techniken zur "Deep Packet Inspection" setzen, müssen dem Papier nach aber "transparent" eingesetzt werden. Zudem dürften automatische Systeme selbst nicht über die Rechtmäßigkeit ausgemachter Aktivitäten oder Inhalte entscheiden und müssen im des Rahmen geltenden Rechts arbeiten. Zugleich warnen die Autoren, dass automatische Detektionssysteme "oft noch nicht ausgereift" seien. Zudem könnten sie die Internetfreiheiten gefährden oder sogar selbst illegal sein. Deutlicher empfohlen wird daher der Einsatz nutzerautonomer Filter, um terroristische oder aufstachelnde Inhalte beim Endanwender zu blockieren.

Die Projektpartner, die sich zuletzt im Juni in Berlin trafen, sehen die Gesetzgeber in Europa gefordert, zu bekämpfende Aktivitäten im Netz klarer zu definieren und die Tatbestände besser einander anzugleichen, damit etwa Strafverfolger und Provider effizient dagegen vorgehen können. Internetfirmen wird empfohlen, Daten über gebrandmarkte Inhalte direkt auszutauschen und so ein Wiedereinstellen bei einem anderen Anbieter zu erschweren.

Die Autoren des Leitfadens dringen unverändert darauf, dass Plattformanbieter wie soziale Netzwerke die Anonymität einschränken, in der sich Terroristen und andere Kriminelle einfach bewegen könnten. Nutzer hätten sich daran gewöhnt, in Foren ihre wahre Identität zu verbergen, was aus Sicht der Autoren oftmals überflüssig ist, den Kriminellen aber in die Hände spielt. Die Polizei soll in Online-Communities Präsenz zeigen, damit sich Terroristen und Sympathisanten dort nicht sicher fühlen können. Geplant ist nun, das Grundsatzpapier bei einem Workshop in Utrecht im September und auf einer Brüsseler Konferenz im November fertigzustellen und zu verabschieden. (ssu)