Inhalte für Mobilgeräte als Rettung der Unterhaltungsbranche

Das Handy könnte tatsächlich "der Retter der Musiklabels sein", hieß es auf der Midem angesichts boomender Märkte für mobile Inhalte vor allem in Asien. Und auch die Filmindustrie entdeckt zunehmend den mobilen Anwender.

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Von
  • Monika Ermert

Als die drei Topmärkte für mobile Inhalte wurden China, Indien und Brasilien auf der MIDEM präsentiert. Über 400 Millionen Mobilfunknutzer gibt es derzeit in China, aber nur rund 110 Millionen Internetnutzer. Für die vielen nur aufs Mobiltelefon angewiesenen Anwender sei "das Handy das Fenster zur Welt", freuen sich die Strategen im Mobilgeschäft. In Indien sieht es ähnlich aus: Knapp 80 Millionen Mobilfunknutzer gab es dort Ende 2005, bis Ende des Jahres sollen es rund 110 Millionen sein. In Brasilien sind es derzeit 86 Millionen. Die Musikbranche freut sich, denn auf dem Mobiltelefon gebe es praktisch noch keine Piraterie. "Vielleicht liegt hier eine Lösung für das Piraterieproblem", sagt der brasilianische Anwalt Marcelo Goyanes.

Das Handy könnte tatsächlich "der Retter der Musiklabels sein", meinte auch Richard Robinson, einer der Gründer von Linktone, einem Provider und Anbieter digitaler Inhalte in Shanghai. 50 Prozent des Musikgeschäfts in China werde schon bald mobil gemacht, schätzt er. Bei Preisen für raubkopierte CDs an der Straßenecke von 48 Prozent des regulären Preises und den Möglichkeiten, Musik kostenlos übers Internet zu tauschen, hätten es normale Anbieter schwer. "Mit dem Walled Garden [spezielle Systeme zur Kontrolle des Kundenzugangs auf Inhalte und -Dienste, Anm. d. Red.] im Mobilbereich geht es", meint er dagegen.

40 bis 50 Millionen Nutzer hat etwa das Geschäft mit Klingeltönen und den in Asien ebenfalls beliebten "Ringback-Tönen", bei denen der Nutzer beim Anruf denjenigen Klingelton hört, der den Gesprächspartner zu dessen Handy ruft. Ein Erfolg im Angebot von Linktone sind laut Angaben von Robinson auch so genannte Interactive Voice Responses (IVR) , bei denen der Angerufene eine aufgezeichnete Nachricht plus einen Musiktitel hören kann. Insgesamt 8,9 Millionen kostenpflichtige Nutzerabrufe hat Linktone monatlich für Klingeltöne, Musik oder Rückrufvarianten, erklärt Robinson. Bis Ende 2007 sollen mit 3G zusätzlich Videos und Spiele hinzukommen.

In Indien wurden noch keine 3G-Lizenzen vergeben, trotzdem wurde im vergangenen Jahr der erste fürs Handy produzierte Film über 2.5G-Netze gesendet – mit Riesenerfolg, sagt Saleem Mobhani vom Online-Entertainment-Anbieter Hungama. Bollywood – die indische Filmindustrie – sei praktisch für die mobile Welt geschaffen. In den Serienstreifen kommen 5 bis 6 Songs vor, in den Filmen sogar bis zu 15, die sich perfekt übers Handy vermarkten lassen. Auch Klingeltöne aus dem Ausland schaffen es auf die Hitliste: "Wenn Sie jetzt nach Delhi kommen,werden sie den Crazy Frog hören." Rund 60 Prozent der täglich 1,2 Millionen Abrufe entfallen auf die Klingeltöne, für die umgerechnet zwischen 12 und 18 Euro-Cent bezahlt wird.

In Indien hat man allerdings erste praktische Erfahrungen mit mobiler Piraterie. "Die schwarzen Schafe sind vor allem unter den Gerätehändlern zu suchen", sagt Mobhani. Inzwischen arbeite man daher mit Geräteherstellern und Gerätehändlern zusammen, um dem Einhalt zu gebieten.

In Brasilien, immerhin von den USA gerade von der Liste der unter Beobachtung stehenden Staaten mit überbordenden illegalen Kopien genommen, geht das Klingeltongeschäft ebenfalls gut. Rund 15 Millionen Klingeltöne verkaufen die Mobilanbieter pro Monat, sagt iMusica- Chef Felippe Llerana. iMusica hat neben Klingeltönen rund 300.000 Künstler von 220 meist lokalen Labels im Angebot. Die Kosten für die Tracks sind allerdings hoch: Pro Song verlangt iMusica zwischen einem und zwei US-Dollar. 30.000 Abrufe für die Tracks pro Monat kann iMusica verzeichnen. Lizenzgebühren und Steuern, erklärt Llerana, sind beträchtliche Einstiegsbarrieren im Geschäft. Pro angebotenem Klingelton werden etwa 190 Dollar Lizenzgebühren fällig. (Monika Ermert) / (jk)