Windows-RT-Tablets: Eher Notebook-Ersatz als iPad-Konkurrent

Auf der IFA kann man zum ersten Mal die Windows-Tablets mit ARM-Prozessoren ausprobieren. Sie sind schlank und leicht – aber keine direkten iPad-Konkurrenten. Denn das Betriebssystem versucht den Spagat aus Touch- und Tastaturbedienung.

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Die spannendste Frage vor der IFA lautete: Trauen sich Asus, Dell, Lenovo und Samsung endlich mit ihren Windows-RT-Tablets aus der Deckung? In den vergangenen Monaten gab es hier und da ein Info-Häppchen, ein paar Mal durfte man gucken, aber nicht touchen.

Die Antwort: Immerhin zwei der vier Hersteller trauen sich. Man darf nicht nur gucken, auch touchen. Am Samsung-Stand in Halle 20 können Besucher mit dem Ativ Tab herumspielen und Asus ließ die Presse an sein Vivo Tab RT. Es ist also Zeit für die nächsten Fragen: Was taugen die RT-Tablets? Konkurrieren Sie wirklich mit dem iPad? Oder decken sie andere Nutzungsszenarien ab?

Ein vollständiges Fazit wird erst nach einem richtigen Test möglich sein, also Ende Oktober, falls die Hersteller den versprochenen Starttermin einhalten. Erst dann kann man zum Beispiel das App- und Content-Angebot beurteilen. Doch Einiges lässt sich jetzt schon festhalten:

  • Hardware: Die RT-Tablets von Asus und Samsung sind ein bisschen leichter und flacher als das iPad, die Displays zeigen allerdings nur 1366 × 768 Pixel (iPad: 2048 × 1536)
  • Geschwindigkeit: Das Asus-Tab ließ sich absolut flüssig bedienen. Auch der Browser, die Schwachstelle vieler Android-Tablets, reagierte so flink wie auf dem iPad. Auf Samsungs Prototyp starteten die Apps ziemlich langsam, das lag aber vermutlich hauptsächlich an der lahmen WLAN-Anbindung.
  • Ausdauer: Samsung verspricht zwölf Stunden Akkulaufzeit bei Videowiedergabe. Überprüfen lässt sich das frühestens im Oktober.
  • Bedienkonzept: Alle angekündigten RT-Tablets können an eine Tastatur andocken (neben denen von Asus und Samsung auch das von Dell). Dann hat man ein zusammenklappbares Notebook, das man mit Tastatur und Touchpad bedient, nicht durch Herumwischen auf dem Display.

Streng genommen sind die RT-Tablets also eher Tablet-Notebook-Hybriden – ein Konzept, auf das letztlich schon die früheren und damals erfolglosen Versuche Microsofts mit den sogenannten "Tablet PCs" hinausliefen. Asus will die Tastatur serienmäßig mitliefern, Dell und Samsung haben sich noch nicht festgelegt.

Das überrascht zunächst. Tablet PCs mit Anstecktastatur stecken seit elf Jahren in einer winzigen Nische fest. Apple hingegen hat in zweieinhalb Jahren fast 100 Millionen iPads verkauft, ohne das alte Klapp-Konzept. Warum also verzichten Asus, Dell und Samsung immer noch nicht darauf?

Auf die Gründe stößt man schnell, wenn man ihre Tablets ausprobiert. Die Oberfläche von Windows RT ist dieselbe wie bei den anderen Windows-8-Versionen. Das heißt: Der altbekannte, für die Mausbedienung entwickelte Windows-Desktop ist auch hier an Bord. Und zwar nicht nur für Notfälle.

Zum Beispiel landet man im Desktop-Explorer, wenn man Dateien von einem USB-Stick kopieren möchte. Auch die von Microsoft an RT angepassten und auf den Tablets vorinstallierten Office-Anwendungen laufen nur auf dem Desktop. Die meisten Schaltflächen sind so klein wie eh und je, zumindest in der aktuellen "Preview-Version".

Windows RT auf dem Samsung Ativ Tab (7 Bilder)

Windows RT begrüßt den Nutzer mit den bunten Kacheln des Metro-Startbildschirms, doch ...

Die Hersteller tun also gut daran, eine Tastatur samt Touchpad anzubieten. Ob man sie als willkommenes Extra oder als notwendiges Übel sieht, hängt davon ab, was man mit seinem RT-Tablet machen will.

Ganz auf sie zu verzichten, wird jedenfalls schwierig, weil der fingeruntaugliche Desktop mit dem Explorer und den Office-Programmen immer nur einen Schritt entfernt ist. Das ist ein wichtiger Unterschied zwischen Windows RT auf der einen und iOS und Android auf der anderen Seite.

Auch preislich werden die RT-Tablets dem iPad und den Android-Tablets wohl nicht direkt Konkurrenz machen. Asus und Samsung legen sich noch nicht fest, doch Vertreter beider Hersteller deuten 600 Euro aufwärts an. Das Potenzial als Laptop-Ersatz dient dann natürlich als Argument für den Aufpreis im Vergleich zur Konkurrenz.

Der Spagat birgt ein Risiko: Der Nutzer könnte erwarten, dass er seine bisherigen Windows-Anwendungen wie Photoshop, Paint.net, iTunes oder Outlook auf den Tablets weiternutzen kann. Doch das ist nicht der Fall. Auf RT-Tablets kann man nur Metro-Apps aus Microsofts Store installieren, also Touch-Programme.

Wer Photoshop auf dem Tablet haben will, braucht ein Windows-Modell mit x86-CPU. Die sind ebenfalls zahlreich auf der IFA vertreten – die meisten werden jedoch noch einmal deutlich mehr kosten als die RT-Tablets. (cwo)