Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk im Clinch mit Handy-TV-Bewerbern

Auf einer Konferenz in München debattierten Vertreter des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks und die Plattformanbieter über die rechtlichen Grundlagen für Handy-TV.

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Von
  • Monika Ermert

Eine Mobil-TV-Plattform, die den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖR) nicht unverschlüsselt und ohne weiteres Entgelt für die Zuschauer überträgt, sei nicht akzeptabel. Das sagte Carl-Eugen Eberle, Justiziar des ZDF, bei einer Konferenz zum medienrechtlichen Einordnung von IP-TV und Mobil-TV des Instituts für Urheber- und Medienrecht in München. Eberle kritisierte das Bewerberkonsortium der drei großen Mobilfunkanbieter O2, T-Mobile und Vodafone, die auf einen Infrastrukturbeitrag für Übertragung des gebührenfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks nicht verzichten wollen.

"Wir sprechen hier über Investitionen im dreistelligen Millionenbereich und das im frei finanzierten, privatwirtschaftlichen Bereich", sagte Marcus Haas, Senior Vice President Legal and Regulatory Affairs O2 Germany. "Da ist es schon legitim, dass man Gespräche darüber führt, wie eine Infrastruktur refinanziert werden soll." Die Bewerbungsfrist für die von den Landesmedienanstalten gemeinsam ausgeschriebene erste bundesweite DVB-H-Lizenz ist in Bayern gerade abgelaufen. Laut dem Präsidenten der Bayerischen Landesanstalt für Neue Medien haben sich mehr als zwei Dutzend Bewerber aufgestellt, darunter das Trio der großen Mobilfunkunternehmen und auch der Betreiber der ersten Mobil-TV-Plattform, Mobile Fernsehen Deutschland (MFD), die aktuell ein Mobilfunkangebot über den DMB-Standard anbietet.

Die MFD hat sich im Gegensatz zu den Mobilfunk-"Granden" mit den Rundfunkanbietern verständigt. Eberle verwies daher heute in München darauf, dass die Medienanstalten also durchaus die Möglichkeit hätten, einen Plattformbetreiber auszuwählen, der die Belange des Rundfunks entsprechend berücksichtige. Immerhin räumten die Rundfunkanbieter zugunsten der neuen Mobil-TV-Plattform ihnen bislang zugewiesene Frequenzen. "Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter haben auf eine eigene Frequenznutzung verzichtet, wenn sichergestellt ist, dass sie auf der Plattform in angemessener Weise vertreten sind", so Eberle. Die Frequenzvergabe erfolgt durch die Bundesnetzagentur.

Sollte es zum Streit um die Frequenzrückgabe kommen, würden die Staatskanzleien der Länder entscheiden, so Eberle. Auf die Landesmedienanstalten kommt angesichts des großen Bewerberfeldes und des sich abzeichnenden Konfliktes eine schwierige Entscheidung zu. Das große Interesse für DVB-H erklärt sich unter anderem auch daher, dass der auf Digital Video Broadcasting fußende Standard von Medienkommissarin Viviane Reding bei der CeBIT als bevorzugter Standard für Mobil-TV in Europa geadelt wurde. Reding schloss selbst eine Verordnung von DVB-H nicht völlig aus.

Viel Stoff für die juristische Diskussion über die deutsche DVB-H-Ausschreibung liefert die Tatsache, dass rundfunkrechtliche Lizenzen bislang immer an Rundfunkveranstalter, und nicht an die neuen Plattformanbieter, vergeben wurden. Für solche Plattformanbieter sind die im Rundfunk gängigen Anforderungen an die Diskriminierungsfreiheit, die Vielfaltssicherung oder gar "Must-Carry"-Verpflichtungen für Grundversorgungsprogramme nicht festgeschrieben. Laut Eberle gibt es aber Vorstöße, die Plattformbetreiber künftig in den Rundfunkstaatsvertrag aufzunehmen.

Auf Seiten der Mobilfunkbetreiber hätte man diese Aufnahme in den Staatsvertrag gerne, damit man sich des Anspruchs auf eine Lizenz, wie sie jetzt vergeben wird, versichert. Auf die Unterwerfung unter rundfunkrechtliche Auflagen hat man allerdings wenig Lust. Er habe seine Zweifel, so Haas, ob Handy-TV tatsächlich die Suggestivkraft, Massen- und Meinungsbildungseffekte besitze, die für die besondere rechtliche Behandlung des Rundfunks ausschlaggebend seien. In der ersten Ausbaustufe erreichten die kleinen Bilder erst mal maximal 25 Prozent der Bevölkerung. Man müsse ja nicht gleich zu Beginn mit der Keule des Rundfunkrechts kommen.

Einen Blick in die Zukunft der Rundfunkregulierung warf Klaus-Peter Potthast, Ministerialrat der Bayerischen Staatskanzlei. Angesichts der Aversion der neuen Anbieter gegen das Medienrecht, so Potthast, könne man über das TK-Recht als alternative Regelungsschiene nachdenken und etwa statt der Vorabverordnung von Must-Carry-Regeln auf eine Ex-Ante-Aufsicht für Missbrauchsfälle umsteigen. Im TK-Recht gebe es dann auch die zur Sicherung von Diskriminierungsfreiheit notwendigen Vorschriften zum Zugang, zur Durchleitung und zur Entbündelung. Zur Must-Carry müsse es dann als Gegenstück auch ein Must-Offer geben, damit es auch eine Handhabe gegen das Horten von Urheberrechten wie etwa bei den Bundesligarechten gebe.

Grundsätzlich sei auch zu überlegen, ob der Rundfunk künftig nicht ein kleinerer Teil des Gesamt-Telemedienangebotes werde und eine Liberalisierung möglich der Rundfunkregulierung damit nicht möglich und erforderlich sei. Den Vorstellungen im Europarecht und bei der Kommission in Brüssel käme man damit entgegen. Obwohl das ZDF längst den Ausbau von On-Demand-Dienste gestartet hat – bis Ende 2007 werden alle ZDF-Sendungen für eine Woche lang zum nachträglichen Abruf angeboten – mochte Eberle von einer Aufgabe des Rundfunkfunkbegriffs nichts wissen. Er warnte vielmehr vor einer Usurpation des Rundfunkrechts durch das TK-Recht und der Durchsetzung der TK-Anbieter gegen die Medienwelt. (Monika Ermert) / (vbr)